30 lichen wie des gesamten Lebens, sobald er überhaupt an der Lösung politischer Fragen teilnahm. Deshalb hatte er anfangs zu ringen mit dem Ansehen des ritterlichen, freigebigen und deshalb auch beim Volke sehr beliebten Cimon; aber Perikles, dem es nie um Wahrung eines einseitig starren Parteistandpunktes, sondern um das Gesamtwohl der Vaterstadä zu thun war, söhnte sich später mit dem berühmten Haupte der Aristokratie aus, überließ dem bewährten Feldherrn die Fortführung des Nationalkrieges und arbeitete selbst an der Umbildung der inneren Verhältnisse Athens im Sinne der Demokratie weiter. Nach dem Tode Cimons (449 v. Chr) war Perikles unbedingt schon das Haupt des Staates; noch zwar galt es einen kurzen Kampf mit dem Haupte der aristokratischen Partei, aber deren jetziger Führer Thucydides, des Melesias Sohn*), war dem gewandten Perikles nicht gewachsen Bezeichnend ist dessen eigenes Zugeständnis: vom spartanischen König Archidamos befragt, wer besser ringe, er oder Perikles, ant— wortete Thuchdides: „Und wenn ich ihn niederringe, so behauptet er, siegreich, nicht gefallen zu sein, und überredet, die mit eigenen Augen zugesehen, daß sie ihm beistimmen.“ Schließlich verdächtigte die Partei des Thucydides ihren großen Gegner als einen der Freiheit gefährlichen Mann und beantragte die Anwendung des Scherbengerichtes; die Bürgerschaft ward berufen, ihren Spruch zu thun: da ward nicht Perikles, sondern Thukydides verbannt (444 v. Chr.) Von nun an leitete Perikles fünfzehn Jahre lang, bis an seinen Tod (429), den Staat der Athener, so daß nach dem Zeugnis des größten Geschichtsschreibers der Griechen Thuchdides „dem Namen nach zwar eine Volksherrschaft, in der That aber die Herrschaft des ausgezeichnetsten Mannes bestand.“ Und bei alledem hat Perikles nie die höchste Würde des Staates, das Archontat, bekleidet. Freilich hat er auch nicht darnach gestrebt, zumal die Archontenstellen Ehrenposten ohne politischen Einfluß geworden waren. Unter den Ämtern aber, die eine besondere Befähigung vberlangten und eben darum immer durch die Wahl der Gemeinde besetzt wurden, gab es kein wichtigeres, als das der Strategie oder Feldhaupt— mannschaft. Dies Amt war an Bedeutung gestiegen, je mehr Athen eine auf Waffengewalt gegründete Herrschaft führte. Die Strategen hatten aber nicht nur den Oberbefehl über die Land- und Seetruppen, fie ernannten auch die Führer der Trieren, sie leiteten die auswärtigen Verhältnisse, nahmen die Anträge fremder Gesandten entgegen; sie hatten eine allgemeine Aufsicht über die Sicherheit der Stadt und waren deshalb befugt, auch Volksversammlungen zu verbieten oder aufzuheben, wenn sie in unruhigen Zeiten dem Staate gefährlich werden konnten. Die lange Kriegsschule, die Perikles durchgemacht, die seltene Ver— bindung von Vorsicht und Energie, die er in jedem Kommando gezeigt, *) Nicht der große Geschichtsschreiber Th., der Sohn des Oloros.