155 4 fältig in Venusium neben andern königlichen Schätzen. Die dasselbe überbringenden Gesandten aßen mit vielen Bischöfen und edlen Deut— schen an des Kaisers Hof; und wenn dieser auch nicht, wie ihm nach— geredet wurde, seinen Hostaat größtenteils nach sarazenischer Weise einrichtete, so war doch mancherlei daselbst, das in Neapel zu finden, sarazenische Abgeordnete in Verwunderung setzen konnte. Die Tiere ihres Landes streiften in den Tiergärten umher; eine Schar Mohren zog prächtig gekleidet vorüber, auf silbernen Trompeten, Posaunen und andern Instrumenten mit großer Fertigkeit spielend; junge Männer (deren der Kaiser immer mehrere in den morgenländischen Sprachen behufs seines Briefwechsels und zu wissenschaftlichen Zwecken unterrichten ließ) konnten fertig mit den Morgenländern in deren Muttersprache reden, ja der Kaiser selbst blieb nicht hinter ihnen zurück. Sarazenische Tänzer und Tänzerinnen zeigten bewunderungswürdige Geschicklichkeit. Taschenspieler, Springer, Spaßmacher, Sänger und lustige Leute ähnlichen Schlages fanden an Friedrichs Hof Aufnahme, und er duldete bei seiner heiteren Laune ihren nicht immer ganz feinen Scherz ohne Zorn; indes wußte er sehr wohl, daß über diese natürlichen Er— scheinungen einer gesunden, jedoch rohen Natur hinaus etwas ganz Anderes, Höheres liege, wohin ihn Einsicht, Gefühl und Gemüt auf gleiche Weise trieben. In Palermo versammelten sich um ihn Gelehrte, Mathematiker, Philosophen, Künstler, Dichter, und unter seinem Vor— sitz wurden ihre Werke dargestellt, vorgelesen und geprüft, und der Sieger mit Kränzen belohnt. Hier trafen die edelsten Frauen seines Reiches zusammen, hier war der höchste Gerichtshof über alles Schöne, der Mittelpuukt alles Geistreichen. Von hier aus entwickelte sich, großen— teils durch Friedrichs Einwirkung, die schöne Sprache Italiens. Der Kaiser, seine Söhne, ja alle, die in diesen Zauberkreis kamen, ließen, von Begeisterung ergriffen, Lieder ertönen. Mehrere künstlich ver— schlungene Weisen und Versmaße, die von großer Herrschaft über die Sprache zeugen, erfand Friedrich selbst, und der Inhalt beschränkt sich nicht — nach damaliger Sitte — auf das Lob der Frauen, sondern zeigt auch tiefes Gefühl für die Schönheiten der Natur und Gewandt— heit für heiteren Scherz. Sein Großrichter Peter von Vinea entwarf nicht nur das älteste Gesetzbuch der neueren Zeit, sondern dichtete auch das älteste Sonett; das wir in italienischer Sprache kennen, und das dem Inhalte nach unzählige von Späteren überwiegt. Unter einem solchem Fürsten erlebte denn das Königreich beider Sizilien seine goldene Zeit: eine geachtete, jedoch in ihrer Wirksamkeit gegen die bürgerliche Ordnung gehemmte Geistlichkeit, ein reicher, hochgesinnter Adel, blühende Städte, in ihren ursprünglichen Rechten geschützte Landleute, wohlgeordnete und streng zu ihrer Pflicht ange— haltene Behörden, eine zu inniger, allgemeiner Teilnahme erziehende Verfassung, das Kriegswesen, hinreichend zum Schutze, Handel und Gewerbe im Foͤrtschreiten, Mißbräuche des Münzwesens beseitigt; Steuern