117 11. Was gleißt und glänzt da droben und zuckt wie Wetterschein? Das ist mit seinen Reitern der Wolf von Wnnnenstein. Er wirft sich auf die Städter, er sprengt sich weite Bucht, da ist der Sieg entschieden, der Feind in wilder Flucht. 12. Im Erntemond geschah es; bei Gott, ein heißer Tag! Was da der edeln Garben auf allen Feldern lag! Wie auch so mancher Schnitter die Arme sinken läßt! Wohl halten diese Ritter ein blutig Sichelfest. 13. Noch lange traf der Bauer, der hinterm Pfluge ging, auf rost'ge Degenklinge, Speereisen, Panzerring; und als man eine Linde zersägt und niederstreckt, zeigt sich darin ein Harnisch und ein Geripp' versteckt. 14. Als nun die Schlacht geschlagen und Sieg geblasen war, da reicht der alte Greiner dem Wolf die Rechte dar: „Hab' Dank, du tapfrer Degen, und reit mit mir nach Haus, daß wir uns gütlich pflegen nach diesem harten Strauß." 15. „Hei," spricht der Wolf mit Lachen, „gefiel euch dieser Schwank? Ich stritt aus Haß der Städte und nicht um euren Dank. Gut' Nacht und Glück zur Reise! Es steht im alten Recht." Er spricht's und jagt von dannen mit Ritter und mit Knecht. 16. Zu Döffingen im Dorfe, da hat der Graf die Nacht bei seines Ulrichs Leiche, des einz'gen Sohns, verbracht. Er kniet zur Bahre nieder, verhüllet sein Gesicht; ob er vielleicht im stillen geweint, man weiß es nicht. 17. Des Morgens mit dem frühsten steigt Eberhard zu Roß, gen Stuttgart fährt er wieder mit seinem reis'gen Troß; da kommt des Wegs gelaufen der Zuffenhauser Hirt. „Dem Mann ist's trüb' zu Mute; was der uns bringen wird?" 18. „Ich bring' euch böse Kunde: nächt ist in unsern Trieb der gleißend' Wolf gefallen; er nahm, so viel ihm lieb." Da lacht der alle Greiner in seinen grauen Bart: „Das Wölslein holt sich Kochfleisch, das ist des Wölfleins Art." 19. Sie reiten rüstig fürder; sie sehn aus grünem Tal das Schloß von Stuttgart ragen, es glänzt im Morgenstrahl. Da kommt des Wegs geritten ein schmucker Edelknecht. „Der Knab' will mich bedünken, als ob er Gutes brächt'." Trust. Deutsches Leselmch. A VT. 9