244 aber im nächsten Augenblick hatte er das Hindernis schon bewältigt und stürzte dunkelgefärbt über Steintrümmer und Baumstämme fort. Eine solche Steinschurre ist nur eine Kleinigkeit, außer wenn man ihr gerade in die Quere kommt; was aber ein förmlicher Erdfall sagen will, das hatte ich tags zuvor in Goldau gesehen. Dort hatte sich, ich glaube 1806, eines Nachmittags eine ganze Bergwand abgelöst und in wenig Augenblicken das ganze reiche Dorf mit Menschen und Vieh, mit Feldern und Häusern begraben. Goldau liegt mindestens eine viertel, vielleicht eine halbe Meile vom Gipfel jenes Berges entfernt, und wenn ich es nicht gesehen, würde ich es nimmer glauben, daß Steinblöcke von der Grötze eines Hauses auf solche Entfernung fortrollen könnten. Ein¬ mal in Bewegung gesetzt, kann ihnen freilich nichts widerstehen. Noch heute ist der Anblick dieser Stätte schrecklich. Stein über Stein bedeckt eine Fläche von weit über eine Meile im Umfang, kaum daß eine Tanne hin und wieder aus dieser Zerstörung auskommt, die blühende Saaten und reiche Wohnungen zehn bis zwanzig Ellen hoch überdeckt, ein Herku- lanum für spätere Jahrtausende, die unter diesen Steinmassen die Zu¬ stände dieser Zeit erspähen können, wie wir die der Römer unter der Asche des Vesuvs. Noch ehe wir das Dorf Göschenen erreichten, war eine Steinschurre hinter, eine andere vor uns auf die Straße selbst herabgefallen, so daß wir zu Wagen weder vor- noch rückwärts konnten. Es blieb also nichts übrig, als zu Fuße weiterzugehen. Das war aber auch nicht so leicht, denn die Zwischenräume der lose liegenden Trümmer waren mit Schlamm angefüllt, in den wir in der Dunkelheit bis über die Knie einsanken. Dabei war es gar nicht gut, lange zu verweilen, weil immer noch einige gefährliche Nachträge herunterkamen. Bei finsterer Nacht und im Gußregen kamen wir zu Göschenen an, es wurden Leute abgeschickt, um unser Gepäck zu holen, und auch die Pferde wurden durchgeschafft; der Wagen wird aber wohl noch eine Weile stehen bleiben. Am folgenden Tage hatte sich der Sturm etwas gelegt, aber der Regen floß um so beharrlicher. Das hinderte aber nicht, unsere Wande¬ rung fortzusetzen und uns über die schauerliche Größe des Alpentales zu freuen. Am Schöllenen ist eine so mißliche Stelle, daß neben der Straße von Entfernung zu Entfernung sogenannte Refuges angebracht sind, Nischen in der Felswand, in welche die Reisenden sich flüchten können, wenn sie die Lawinen, die hier sehr häufig fallen, ankommen sehen. Bei Tage ist dies wohl auch ganz möglich. Bei einer Höhe von