242 grollt und die Regengüsse schlagen gewaltsam herab. Hoffen wir, daß, wenn die Hausgenossen am nächsten Morgen sich aufs Feld begeben, das Unwetter nichts verdorben hat und das Geschäft fröhlich vollbracht werde. Dann werden am heißen Mittag die Schnitter sich des Mahles unter dem Birnbaum erfreuen und das junge Paar wird ihnen in dem eigenen Weine fröhlich Bescheid tun müssen. Auf die Ernte der Halmfrucht folgt die der andern Früchte, aus dem Garten und von den Bäumen, bis zur Weinlese, es folgt der reichliche Herbst (Euphrosyne). Auch für diese Zeit besitzen wir in dem Gedicht „Herbstgesühl" einen wundervollen, auf immer klassischen Aus¬ druck. Das strotzende Fruchtleben, die schwellende Reife, der sich drängende Reichtum, die letzte Wärme der scheidenden Mutter Sonne, der zauberische Hauch des Mondes, das süße Wehen des milden Himmels — diese Eesamtempfindung hat in den wenigen Zeilen des kurzen Gedichts, wie die Seele sich den Leib baut, ein unmittelbares Dasein gewonnen. Ist die Weinlese vorüber, dann stellt sich mit blendendem Schnee und blinkendem Eise der Winter ein, die Bäume haben sich entlaubt, auf die Tenne fallen die Schläge der Drescher, und es häuft sich das Korn, der eingesammelte Segen. Aus Ottiliens Tagebuche (II, 3): „Das Jahr klingt ab; der Wind geht über die Stoppeln und findet nichts mehr zu bewegen; nur die roten Beeren jener schlanken Bäume scheinen uns noch an etwas Munteres erinnern zu wollen, so wie uns der Taktschlag des Dreschers den Gedanken erweckt, daß in der abge¬ sichelten Ähre soviel Nährendes und Lebendiges verborgen liegt." Und (11,9): „Man glaubt sich freier auszubreiten, wenn die Bäume so geisterhaft, so durchsichtig vor uns stehen. Sie sind nichts, aber sie decken auch nichts zu. Wie aber einmal Knospen und Blüten kommen, dann wird man ungeduldig, bis das volle Laub hervortritt, bis die Landschaft sich verkörpert und der Baum sich als eine Gestalt uns entgegendrängt." Ein ähnlicher Gedanke schon 1781, an Frau von Stein (15. November): „Das abgefallene Laub gewährt mir nichts Gutes, — als daß ich deine Wohnung sehen kann," und ganz spät, in den „Chinesisch-deutschen Jahres- und Tageszeiten", aus dem Jahre 1827, vom Sommer: Auch mir hat er das leichte Laub An jenem Baum verdichtet, Durch das ich sonst zu schönstem Raub Den Liebesblick gerichtet.