kehrt, dieses für weniger scharfsichtige Freunde unmerkliche Zurücktreten in sich. Er geht aus einer Grundeigentümlichkeit seines Empfindens hervor. Er ist so bezeichnend für Goethe, wie jenes Wort von der Größe, Hervorragung für Schiller ist, wenn er sich, nach durchlebter Werther- Zeit, über das geistig Wünschenswerte zusammenfaßt: „unter allen Be¬ sitzungen auf Erden ist ein eigen Herz die kostbarste, und unter tausenden haben sie kaum zwei." Dann einige Jahre später in Weimar heißt es: „die Seele ist wie eine Stadt, die hinter sich ein Schloß auf dem Berg hat. Das Schloß bewachte ich und die Stadt ließ ich in Frieden und Kriege wehrlos; nun fang ich an, auch die zu befestigen." Niemals aber hatte er Besseres darbieten wollen, und nie fand er sich entschiedener unverstanden als jetzt bei der Rückkehr aus Italien. Dem persönlichen Eindruck Schillers entnahm Goethe, daß man es hier mit einer brauchbaren geistigen Kraft zu tun habe. Er glaubte mehr Welt und vor allem mehr positives Wissen bei ihm anzutreffen, als bei dem Verfasser der Räuber vorauszusetzen gewesen war. Schiller hatte gerade die Geschichte des Abfalls der Niederlande, so weit sie uns vorliegt, abgeschlossen. Jetzt erledigte sich die Professur der Ge¬ schichte in Jena; Goethe und der Geheime Rat Voigt verschafften Schillern eine Berufung zu dieser Stelle; Schiller nahm an, im ersten Augenblick durch den immerhin ehrenvollen Ruf erfreut, und weil er sich gerade damals nach etwas Festem im Leben sehnlichst umsah. Nach wenigen Wochen klagt er an Körner: man hat mich über¬ tölpelt. Meine Professur mag der Teufel holen. Sie brachte ihm zunächst keine Einnahme, kein festes Gehalt, dagegen mancherlei Kosten, und machte schleunige Vorbereitung zu den Vorlesungen durch übereilte Arbeit notwendig. Schiller hatte eben dieser ihm notwendigen Vorbereitungen wegen sich das Amt im stillen für einen etwas spätern Termin gewünscht. Schmerzlich empfand er den Verlust seiner Unabhängigkeit, schmerzlich bas Unmöglichwerden jeder poetischen Tätigkeit. Um sich nur mit Kunst beschäftigen zu können, wandte er sich dann in seinen akademischen Arbeiten der Ästhetik zu. „Ich muß ganz Künstler sein können," heißt es in seinen Briefen aus dieser Zeit. Er empfand, daß ihn Goethe mit der verschafften Gunst doch eigentlich beiseite gewiesen habe. „Ich empfinde ihm gegen¬ über wie Brutus gegen Cäsar empfunden haben mag. Goethe ist mir verhaßt." Goethe hat später eingestanden, daß er seinerseits in diesen Jahren Schillern absichtlich mied. An Gelegenheit, sich zu sehen, fehlte es nicht, 17*