280 für seine Person noch ein eigenes, kleines Häuschen an der Garten¬ mauer, ein rechtes Dichterheim, unmittelbar über dem Leutra-Bach ge¬ legen, mit dem vollen Blick aus die Fluren und die jenseits sich erhebenden Berge. Von diesem Häuschen hat Goethe gesungen: „Nun schmückt er sich die schöne Gartenzinne, Von dannen er der Sterne Wort vernahm, Das dem gleich ew'gen, gleich lebend'gen Sinne Geheimnisvoll und klar entgegenkam." Die „Zinne" ist jetzt verschwunden,' aber in der Nähe steht noch der alte Steintisch, an dem Schiller an schönen Tagen im Freien, endlich des eigenen Besitzes froh, seine Besucher zu empfangen pflegte. Zu diesen: Tisch führte dreißig Jahre später Goethe seinen getreuen Ecker¬ mann mit den Worten: „Hier hat Schiller gewohnt. In dieser Laube, auf diesen fast zusammengebrochenen Bänken haben wir oft an diesem alten Steintisch gesessen und manches gute und große Wort miteinander gewechselt." Das Beste und Größte, was damals zwischen beiden ge¬ dacht und geredet wurde, galt dem „Wallenstein". 33. Heinrich von Kleist als patriotischer Dichter. Heinrich von Treitschke. Während Kleist in seinem „Käthchen von Heilbronn" so liebevoll die Gestalten der deutschen Vorwelt schilderte, war in ihm längst der heilige Schmerz erwacht um die Gegenwart des Vaterlands. Er hatte wohl einst über seinem Dichterleid die weite Welt und Deutschland mit ihr vergessen, den Tod gesucht, wo es auch sei. Sobald er sich selber wieder angehörte, regte sich doch der preußische Offizier. Der Künstler steht der Natur näher als der Denker; löst er sich ab von seiner Heimat, so geschieht ihm wie dem starken Baum, der in fremden Boden ver¬ pflanzt die Schollen des mütterlichen Erdreichs an seinen Wurzeln mit sich nimmt. Der freie Geist des Dichters hatte das öde Einerlei des Garnisondienstes nicht ertragen, er mochte zuweilen von der Höhe seiner philosophischen Bildung mitleidig herablächeln auf die militärischen Bar¬ baren daheim. Die stolzen kriegerischen Erinnerungen seines Vater¬ hauses, dem des Königs Rock als das Kleid der Ehre galt, die glänzenden Bilder des preußischen Waffenruhms, die durch die Träume seiner Kinder¬ jahre geschritten waren, hafteten doch weit fester als er sich selbst gestand in seinem treuen Gemüt; und als das Verderben an seinen Staat heran¬ trat, da erwachte der Stolz des Preußen, des Deutschen, die angelernten