Kopf anzündeten, lediglich in dem Wahn, daß auch er bloß — ein Geiger sei! Da Mühsal und Fleiß der Arbeit so grundverschieden geartet sind nach den verschiednen Berufen, so fehlt hier jedes Maß der Vergleichung, und wenn sechs der fleißigsten Leute aus allerlei Stand und Beruf ihr Tun gegenseitig so obenhin betrachten, so hält am Ende je einer die fünf andern bloß für Geiger. Die Arbeitskraft von Maschinen aller Art kann man wohl nach der Einheit der Pferdekraft messen und vergleichen; wer aber bestimmt die „Pferdekraft", mit der täglich hier ein Grobschmied, dort ein Minister arbeitet? Das gangbarste Maß des Fleißes ist wohl die Arbeitszeit; allein bei vergleichender Wertung der in verschiednen Berufen entfalteten Kraft läßt es uns bald im Stich. Höchstens langt es, bei rein mechanischer Arbeit den Fleiß einzelner Arbeiter vergleichend zu messen. Die gemeine Rede nimmt allerdings lange Arbeitszeit und Fleiß schlechtweg für gleich¬ bedeutend in hundert Bildern und Sprüchen. Und gewiß ist eine lange und geregelte Arbeitszeit überall eine Grundbedingung gesegneten Fleißes. Aber dieselbe gemeine Rede bezeichnet auch eine Arbeit, deren Fleiß sich rein nach der Zeit messen läßt, geringschätzend als Tagelöhnerei. Die Arbeitszeit, die für den einen Beruf lang erscheint, ist für den andern kurz, ja die höchsten und schwersten Berufe haben geradezu gar keine besondere Arbeitszeit, weil hier alle Zeit zur Arbeitszeit wird. Ich will mich darüber deutlicher machen; denn eben der Wahn, als ob man nach Arbeitsstunden schlechthin den Fleiß messen könne, veranlaßt die ungerechtesten Urteile einzelner Berufe über einander. Der täglich zehn Stunden an die Schreibstube, die Werkstatt, die Fabrik gefesselte Beamte, Handwerker oder Tagelöhner beneidet den Gelehrten, den Staatsmann, den Künstler, am Ende gar den König selber, die allesamt wenig oder gar nicht an solche feste Zeit gebunden sind. Er glaubt mehr zu tun als diese, weil er einen so viel genaueren Maßstab seines Fleißes hat. Allein der mechanische Arbeiter, der seinen Fleiß genau nach Stunden messen kann, hat dafür ein unschätzbares Behagen voraus: den echten Feierabend und echte Feiertage. Für den eigentlich schöpferischen Mann dagegen gibt es keinen Feierabend. Schon Kaiser Sigismund sagte in diesem Sinne: „Die Esel haben es besser als die Fürsten; jenen lassen ihre Herren doch wenigstens Ruhe und schonen sie, wann sie fressen: diese schont man zu keiner Zeit." Wahrlich, mit Recht beneidet der beneidete freie Meister des Denkens