H. Heine, Ein Besueb des Brockens. 181 die Spielbälle sein, die sieh die böson Geister einander zuwerfen, wenn hier die Hexen in der Walpurgisnacht auf Besenstielen unä Mistgabeln einhergeritten kommen. In der That, wenn man die obere Hälfte des Brockens besteigt, kann man sieh nicht erwehren, an die Blocksberggeschichten zu denken, von denen uns die Sage erzãhlt. Der letzte Teil des Weges ist äusserst erschöpfend, und ich war froh, als ieh endlich das langersehnte Brockennaus zu Gesicht bekam. Die Mauern dieses Hauses, das auf der Spitze des Berges liegt, sind erstaunlich dieß wegen des Windes und der Rälte im Winter. Vor dem Hause erhebt sich ein Aussichtsturm, von dem man bei hlarem Wetter einen herrlichen Umblick genielst. Der Eintritt in das Brockenhaus erregte bei mir eine ungewöhn- liche, märchenhafte Empfindung. Man ist nach einem langen, ein- samen Umhersteigen durech Tannen und Klippen plötzlich in ein Wolkenhaus versetzt; Städte, Walder und Berge blioben unten liegen, und oben findet man eine wunderlich zusammengesetzte, fremde Gesellschaft, von der man halb neugierig und halb gleichgiltig em- pfangen wird. Ich fand das Haus voller Gäste, und, wie es einem klugen Manne geziemt, dachte ieh schon an die Nacht, an die Un- behaglichkeit eines Strohlagers. Nit kläglicher Stimme verlangte ieh gleien Thee, und der Herr Brockenwirt war vernüntftig genug einzusehen, dass ich kranker Mensch für die Nacht ein ordentliches Bett haben müsse. Dieses verschaffto er mir in einem Zimmerchen, wo es sich schon ein junger Kaufmann bequem gemacht hatte. . In der Wirtsstube fand ieh lauter Leben und Bewegung. Da wvaren Studenten von verschiedenen Universitäten; die einen sind kurz vorher angekommen und erholen sieh, andere bereiten sich zum Abmarsch, schnüren ihre Ranzen, schreiben ihre Namen ins Fremden- bueh, erhalten Brockensträusse von den Dienstboten; da wird ge· sungen, gesprungen, gejubelt; man fragt, man antwortéet. Nachdem ich mich ziemlich erfrischt hatte, bestieg ieh die Turm- warte. Weleh wunderbarer, überraschender Anblick bot sieh mir, als ich die Platte betrat! Ein Riesenpanorama breitete sich vor mir aus mit viel hundert Städten, Städtehen und Dörfern, die meistens nördlich liegen, mit Bergen, Flüssen und Ebenen. Nach und nach aber begann es zu dämmern; die Laft wurde noch bälter; die Sonne neigte sich tiefer, und die Turmplatte füllte sich mit Studenten, Handwerksburschen und einigen ehrsamen Bürgersleuten, die alle den Sonnenuntergang sehen wollten. Es ist dies ein erhabener An-