214 Beschreibungen und Schilderungen. Menschen bei einer ganz besonderen Veranlassung einen Dienst er— weise. Nun nahm man sich viel Mühe, dies ausfindig zu machen, und je weniger solches bei einzelnen Pflanzen gelingen wollte, zu desto verschiedeneren Zwecken wurden sie probiert. Konnte man bei einer Anzahl gar nichts entdecken, so meinte man, sie mülsten wenigstens dazu geschaffen sein, dass man beim Gehen auf etwas Weiches trete. Das würde nun eine lange Wanderung, wollten wir alle Ge— wãchse unseres Waldes darauf ansehen, wozu man sie einst zu vor— wenden suchte und wozu man sie gegenwärtig benutzt. Nur autf einiges vom Interessantesten wollen wir aufmerksam machen. Gleich hier am Wege hast du Tausende von Pflänzehen des Widerthonmooses Polytrichum commune). Die fingerlangen purpur- roten Stiele tragen Fruchtkapseln mit goldgelben Hauben. Schon der Name sagt dir, dass man das niedliche Gewächs ehedem als ein Nittel wider das „Anthun“, gegen das Behexen ansanb. Man nähte es namentlich Kindern in die Kleider, um sie dadureh gegen die Zauber— künste der Hexen und Hexenmeister sicher zu stellen. Da solche Be— hbexungen nun in Virklichkeit nicht vorkamen, sondern nur in der Einbildung der abergläubischen Leute vorbanden waren, so mulste das hübsche Haarmoos so viel oder so wenig helfen, wie die grosse Anzahl anderer Pflanzen, dié man zu demselben Zwecke empfahl, als da sind: Beifuss, Jobanniskraut, Mistel und andere. Wegen seiner goldnen Haube kam dasselbe Moos auch in Ver— dacht, dass es vielleicht bei Herstellung der gewünschten Goldtinktur behilflich sein könnte, deren Bereitung sich vor alters die Alchimisten so angelegen sein liesson. Mit Hilfe dieser Tinktur hoffte man ge— wöhbnliche Steine oder Metalle in Gold, dann aber auch arme Leute in reiche, unglückliche in glückliche, kranke in gesunde verwandeln zu können. Auch dié Goldmilz (Obrysosplenium), die du dort am feuchten Ufer des Baches siehst, und der PFrauenmantel (Alche— milla), der an unserem Fusspfade die goldig schimmernden Blüten- trauben über die kreisrunden, zierlich gezackten Blätter erhebt, stan- den in gleichem Ansehen, und letzteres Kraut nannte man geradezu den „kleinen Alchimisten“. Hier unter dem Haselbusch schwankt der gebogene Stengel der vielblütigen Maiblume. Lhr weilser, knotiger Wurzelstoek ward von den alten Kräutermännern als „Salomonssiegel“ bezeichnet. Sie boten ihn solchen Leuten zum Kauf an, die gern verborgene Schätzoe heben wollten, um auf einmal steinreich zu verden. In Kriegszeiten, an denen es unserem lieben Vaterlande leider niemals gefehlt hat, mochten wohl manche ihr Geld im Walde vergraben haben. Mancher