190 IIV] Heine. III. Schach Mahomet hat gut gespeist, Und gut gelaunet ist sein Geist. Im dämmernden Garten, auf purpurnem Pfühl, Am Springbrunn sitzt er. Das plätschert so kühl. 5 Die Diener stehen mit Ehrfurchtsmienen; Sein Liebling Ansari ist unter ihnen. Aus Marmorvasen quillt hervor Ein üppig brennender Blumenflor. Gleich Odalisken anmutiglich 10 Die schlanken Palmen fächern sich. Es stehen regungslos die Zipressen, Wie himmelträumend, wie weltvergessen. Doch plötzlich erklingt bei Lautenklang Ein sanft geheimnisvoller Gesang. 15 Der Schach fährt auf als wie behext — „Von wem ist dieses Liedes Text?“ Ansari, an welchen die Frage gerichtet, Gab Antwort: „Das hat Firdusi gedichtet.“ „Firdusi?“ rief der Fürst betreten, 20,„Wo ist er? wie geht es dem großen Poeten?“ Ansari gab Antwort: „In Dürftigkeit Und Elend lebt er seit langer Zeit Zu Thus, des Dichters Vaterstadt, Wo er ein kleines Gärtchen hat.“ 25 Schach Mahomet schwieg eine gute Weile, Dann sprach er: „Ansari, mein Auftrag hat Eile — Geh nach meinen Ställen und erwähle Dort hundert Maultiere und fünfzig Kamele! Die sollst du belasten mit allen Schätzen, 30 Die eines Menschen Herz ergötzen, Mit Herrlichkeiten und Raritäten, Kostbaren Kleidern und Hausgeräten Von Sandelholz, von Elfenbein,