205 Weiter und weiter trägt uns der kräftige Ruderschlag, und jetzt legen wir an dem zerklüfteten Riff an. Schmale Wafferstraßen winden sich zwischen den haushohen Klippen hindurch, eben weit genug, das kleine Boot passieren zu lassen. Jetzt, bei völlig ruhiger See und stiller Luft ist dies mit hinreichender Vorsicht möglich, so ungern auch unser Fischer daran geht; denn ab und zu scheuert doch der Rand des Fahrzeuges an den rauhen Seiten der Felsen. Letztere erregen zunächst unsere Aufmerksamkeit. Löcher von ver¬ schiedenem Durchmesser sind in ihnen so weit zu sehen, als die Fluthöhe reicht, manche derselben so weit, daß ein Mannesdaumen bequem eindringen kann, andere enger. Stellenweise gleicht das Gestein förmlich einer Honigwabe, so dicht beisammen stehen die Öffnungen. Wir haben die Arbeit von Bohrmuscheln vor uns, die hier ihr Asyl sich einrichteten. An vielen Öffnungen bemerkt man die Athemröhre der Muschelthiere, diese weißlich, jene orange¬ gelb oder fleischroth, je nach den verschiedenen Arten der Bohrer. Wollen wir die Thiere selbst betrachten, so müssen Meißel und Hammer zu Hilfe kommen. Einige kräftige Schläge lösen ein vor¬ springendes Steinstück los und legen die Thiere von zwei ver¬ schiedenen Arten in ihren Wohnungen frei. Das größere der beiden Geschöpfe ist die gemeine Bohrmuschel, das kleinere ist die Roth- nase der Fischer. Beide Thiere sind offenbar sehr ungehalten über die Rücksichtslosigkeit, mit welcher wir sie an die Luft gesetzt haben. Mit kräftigem Zusammenziehen spritzen sie uns einen Strahl salzigen Seewassers ins Gesicht. Zunächst erscheint der fleischige Körper des Muschelthieres zwei Mal so groß als die beiden weißlich grauen Schalen, die seine Mitte umgeben. Das Zusammenziehen und Ausspritzen von Wasser wiederholt sich nach gleichmäßigen Pausen, und in gleichem Grade schrumpft auch das Geschöpf ein, bis es zuletzt sich völlig in den Schalen verbirgt. Die Art und Weise, wie die Bohrmuschel beim Anfertigen ihrer Höhlen verfährt, hat man vorzüglich an Thieren beobachtet, die im Aquarium ge¬ halten wurden. Die Muschel saugt sich mit ihrem fleischigen, kurzen Fuße fest an, pumpt sich dann voll Wasser und preßt mit Hilfe desselben die rauhen Ränder und die Oberfläche der beiden Schalen gegen das Gestein. Sie wendet sich dann langsam aber kräftig hin und her, und die harten, scharfen Vorsprünge der Schalen, die reihenweise stehen, wirken genau so wie die Zähne einer Feile. Der Mantelsauin schlügt sich um den Rand der Schale und ersetzt durch Ausschwitzungen geeigneter Kalkstoffe die verloren gegangenen Theile. Auf dieselbe Weise findet auch das Wachsthum der Schalen über¬ haupt statt. Die Bohrmuschel arbeitet eben so wohl im Sandstein wie im Kalkstein, ja selbst im festen Marmor. Stößt beim Bohren