77 Stimme noch fürchterlicher, als vorher. „Ach, es sind meine Söhne," wimmerte die Alte, „die nur so ihren Scherz treiben." — „Solche Scherze," antwortete die Stimme, „werden von den Todten nicht ver¬ geben. Du erwarte dein Schicksal hier; die Bösewichter, die dir dienen, werden auch ihrer Strafe nicht entgehen. Schon schwebt die Hand des Todes über ihnen." — Indem,der Geist so sprach, fing die Thurmuhr an, zwölf zu schla¬ gen, und das Getümmel im Schlosse endigte, wie gewöhnlich, mit einem furchtbaren Schlage. Sogleich huschten die Geister zur Thür hinaus, und wenige Augenblicke nachher erscholl von außen in der Nähe der Hausthür ein jämmerliches Angstgeschrei. — ^Erbarm' es Gott!" schrie die Haushälterin, die umsonst versuchte, vom Boden aufzustehen; „sic erwürgen meine Söhne!" rief sie; „ach, es ist Gottes Strafe für den schweren Frevel!" und so jammerte die Alte und wand und krümmte sich auf der Erde. Unterdessen hatten die fremden Gäste die einheimi¬ schen eben beim Entwischen aus der Hausthüre von beiden Seiten über¬ fallen, die Bestürzten niedergeworfen und mit Stricken gebunden. So gebunden wurden sie in das Zimmer der Frau von Ternow gebracht. Beim Hereintreten aber und auf der Schwelle des Zimmers wandelten sich die Todtenköpfe in blühende Männergesichter mit schwarzen Backen¬ bärten um; die weißen Leichentücher sanken zu Boden, und von dem Geisterspuk war Nichts mehr wahrzunehmen, als die Kugeln und Ketten, die sie ihren Gefangenen abgenommen hatten. Diese wurden am folgenden Tage dem Amte übergeben. Der Verwalter und die Haus¬ hälterin nebst der ganzen Familie, die unter dem vorigen Besitzer den Herrn gespielt hatten und Nichts mehr fürchteten, als die kräftigen Ver¬ änderungen, welche die neue Besitzerin ankündigte, wurden unverzüglich fortgeschickt, das Schloß gereinigt, und die Ordnung in der Wirthschaft hergestellt. Zur Belohnung für den muthigen Kampf gab Frau von Ternow ihre Hand dem Officiere, welcher der Alten das Gewissen mit so gutem Erfolge geschärft hatte, und die Geister hatten eine solche Achtung vor ihm bekommen, daß nie wieder weder im Schlosse, noch in der übrigen Gegend das Mindeste von einem Spuke gehört wurde. Fr. Jacobs. 17. Merkwürdige Gespenster-Geschichte. Verwichenen Herbst fuhr ein fremder Herr durch Schliengen, das ein schöner, braver Ort ist. Den Berg hinauf aber ging er zu Fuß, wegen der Rosse und erzählte einem Creuznacher folgende Geschichte, die ihm selber begegnet ist. Als der Herr ein halbes Jahr vorher nach Dänemark reiste, kommt er auf den späten Abend in einen Flecken, wo nicht weit davon auf einer Anhöhe ein sauberes Schlößlein stand, und will über Nacht bleiben. Der Wirth sagt: „Er habe keinen Platz mehr für ihn; es werde morgen Einer gerichtet, und seien schon drei Scharfrichter bei ihm über Nacht." So, erwiederte der Herr: „Ich will denn dort in das Schlö߬ lein gehen; der Zwingherr, oder wem es angehört, wird mich schon hineinlassen und ein leeres Bett für mich haben." Der Wirth sagt: „Manch' schönes Bett mit seidenen Umhängen steht aufgeschlagen in den