129 111. Lore Ley. Es ist schon spät, es wird schon kalt, Was reifst du einsam durch den Wald? Der Wald ist lang, du bist allein, Du schöne Braut, ich führ' dich heim! „Gross ist der Männer Trug und List, Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist, Wold irrt das Waldhorn her und Irin, 0 flieh’! du weisst nicht, wer ich bin.“ So reich geschmückt ist Ross und Weib, So wunderschön der junge Leib! Jetzt kenn’ ich dich — Gott steh mir bei!' Du bist die Hexe Loreley! „Du kennst mich wohl! Vom hohen Stein Schaut still mein Schloss tief in den Rhein. Es ist schon spät, es wird schon kalt, Kommst nimmermehr aus diesem Wald!“ Eichendorff. 112. Die Heinzelmännchen. Wie war zu Cöln es doch vordem, Mit Heinzelmännchen so bequem; Denn war man faul: man legte sich - Hin auf die Bank und pflegte sich. Da kamen bei Nacht, Eh’ man’s gedacht, Die Männlein, und schwärmten Und klappten und lärmten, Und rupften Und zupften, Und hüpften und trabten, Und putzten und schabten; Und elf ein Faulpelz noch erwacht, War all’ sein Tagwerk bereits gemacht. Die Zimmerleute streckten sich Hin auf die Spän’ und reckten sich; Indessen kam die Geisterschaar, Und sah, was da zu zimmern war: Nahm Meissei und Beil Und die Säg’ in Eil’: Und sie sägten und stachen, Und hieben und brachen, Roquette, Deutsches Lesebuch. I. 9