217 11.Nnn nahm sie aus der SchürzeGrund j 12. „Fast langt es", sprach gerührt All ihre armen Herrlichkeiten, der Mann, Teelöffelchen, Dukaten rund, „Und dennoch kann es schmählich enden; Was ihr geschenkt von Kindeszeiten; Willst du dein Leben dann fortan Sie gab es mit so freud'gem Zng! Geplündert fristen mit den Händen?" Doch war's als ob ihr Mund sich regte, Sie sah ihn an — nur Liebe weiß Als sie zuletzt aufs Kontobuch An liebem Blicke so zu hangen — Der sel'gen Mutter Trauring legte. „In Gottes Namen!" sprach sie leis Und weinend hielt er sie umfangen. Annette v. Drosie-Hülshoff. 6. Der Blumen Rache. 1. Auf des Lagers weichem Kissen Ruht die Jungfrau, schlafbefaugen, Tief gesenkt die braune Wimper, Purpur auf den heißen Wangen. 2. Schimmernd auf dem Binsenstuhle Steht der Kelch, der reichgeschmückte, Und im Kelche prangen Blumen, Dnft'ge, bunte, frischgepflückte. 3. Brütend hat sich dumpfe Schwüle Durch das Kämmerlein ergossen; Denn der Sommer scheucht die Kühle Und die Fenster sind verschlossen. 4. Stille rings und tiefes Schweigen! Plötzlich, horch! ein leises Flüstern! In den Blumen, in den Zweigen Lispelt es und rauscht es lüstern. 5. Aus den Blütenkelchen schweben Geistergleiche Duftgebilde; Ihre Kleider zarte Nebel, Krone» tragen sie und Schilde. 6. Aus dem Purpurschoß der Rose Hebt sich eine schlanke Frau; Ihre Locken flattern lose, Perlen blitzen drin wie Tau. 7. Aus dem Helm des Eisenhutes Mit dem dunkelgrünen Laube Tritt ein Ritter kecken Mutes: Schwert erglänzt und Pickelhaube. 8. Auf der Haube nickt die Feder Von dem silbergrauen Reiher. Aus der Lilie schwankt ein Mädchen; Dünn wie Spinnweb' ist ihr Schleier. 9. Aus dem Kelch des Türkenbundes Kommt ein Neger stolz gezogen; Licht auf seinem grünen Turban Glüht des Halbmonds goldner Bogen. 10. Prangend aus der Kaiserkroue Schreitet kühn ein Szepterträger; Aus der blauen Iris folgen Schwertbewaffnet seine Jäger. 11. Und ums Lager drehn und schwingen Sich die andern wild im Kreise, Drehn und schwingen sich und singen Der Entschlafnen diese Weise: 12. „Mädchen, Mädchen! von der Erde Hast du grausam uns gerissen, Daß wir in der bunten Scherbe Schmachten, welken, sterben müssen! 13. O, wie ruhten wir so selig An der Erde Mutterbrüsten, Wo, durch grüne Wipfel brechend, Sonnenstrahlen heiß uns küßten; 14. Wo uns Lenzeslüfte kühlten, Unsre schwanken Stengel beugend; Wo wir nachts als Elfen spielten, Unserm Blättcrhans entsteigend! 15. Hell umfloß uns Tau und Regen; Jetzt umfließt uns trübe Lache; Wir verblühn, doch eh' wir sterben, Mädchen, trifft dich unsre Rache I" 16. Der Gesang verstummt; sie neigen Sich zu der Entschlafnen nieder. Mit deni alten dumpfen Schweigen Kehrt das leise Flüstern wieder.