Mörike. - Zedlitz. 389 140. Auf das Grab von Schillers Mutter. Nach der Seite des Dorfs, wo jener alternde Zaun dort Ländliche Gräber umschließt, wall' ich in Einsamkeit oft. Sieh den gesunkenen Hügel! Es kennen die ältesten Greise Kaum ihn noch, und es ahnt niemand ein Heiligtum hier. 5 Jegliche Zierde gebricht und jedes deutende Zeichen; Dürftig breitet ein Baum schützende Arme umher. Wilde Rose! Dich find' ich allein statt anderer Blumen; Ja, beschäme sie nur, brich als ein Wunder hervor! Tausendblättrig eröffne dein Herz, entzünde dich herrlich io Am begeisternden Duft, den aus der Tiefe du ziehst! Eines Unsterblichen Mutter liegt hier bestattet; es richten Deutschlands Männer und Frau'n eben den Marmor ihm auf. Joseph Freiherr von Zedlitz. (1790-1862) 141. Die nächtliche Heerschau. 1. Nachts um die zwölfte Stunde Verläßt der Tambour sein Grab, Macht mit der Trommel die Runde, Geht emsig auf und ab. 2. Mit seinen entfleischten Armen Rührt er die Schlegel zugleich, Schlägt manchen guten Wirbel, Reveill' und Zapfenstreich. 3. Die Trommel klinget seltsam, Hat gar einen starken Ton; Die alten toten Soldaten Erwachen im Grabe davon. 4. Und die im tiefen Norden Erstarrt in Schnee und Eis, Und die in Welschland liegen, Wo ihnen die Erde zu heiß, 5. Und die der Nilschlamm decket Und der arabische Sand: Sie steigen aus ihren Gräbern, Sie nehmen's Gewehr zur Hand. — 6. Und um die zwölfte Stunde Verläßt der Trompeter sein Grab Und schmettert in die Trompete Und reitet auf und ab. 7. Da kommen auf luftigen Pferden Die toten Reiter herbei, Die blutigen alten Schwadronen In Waffen mancherlei. 8. Es grinsen die weißen Schädel Wohl unter dem Helm hervor; Es halten die Knochenhände Die langen Schwerter empor. —.