197 Schubert: Alesia. es in dem Gemüt des Lesers oder des Hörers eine Teilnahme, die ihn im Geist zu einem Mitkämpfer und Genossen des großen römischen Feldherrn, zu einem Augenzeugen seiner Thaten macht. Dort bei Autun war es, wo Julius Cäsar in der entscheidenden Schlacht den Strom der helvetischen Volksscharen brach, der sich verheerend über Gallien ergießen wollte; bei Vesontio (Besan^on) geschah es, daß zu¬ gleich mit der Furcht vor der Stärke der Deutschen, die in dem Heere der Römer war, die Macht der germanischen Heere und der Trotz ihres Feldherrn Ariovist vollkommen besiegt wurden. In einem un¬ gleich höheren Glanze jedoch als bei dem Gemetzel der helvetischen Volks¬ haufen oder in der kunstreich und glücklich durchgeführten Schlacht mit Ariovist hat sich die geistige Kraft des großen Cäsar, welche in jedem Soldaten seines Heeres eine gleiche Thatkraft der Begeisterung entzündete, hier bei den Erdwällen und alten Gemäuern von Reine d'Alise kund gegeben. Es war im Winter des Jahres 51 v. Chr. Geb., als mit einem Male, zu gemeinsamem Bunde vereint, die Volksstämme des ganzen Gallien zum Aufstande gegen die fremde Herrschaft der Römer sich er¬ hoben. Cäsar selber war in Italien, wie man wußte, mit eignen An¬ gelegenheiten viel beschäftigt, die Wege über die Alpen herüber und auch im ebneren Lande in dieser Jahreszeit für Heerscharen fast ungangbar. Da versammelte sich zu dem Arvernerherzog Vercingetorix aus allen Gegenden des Landes, von den Küsten des einen Meeres an bis zu denen des andern, von den Pyrenäen bis zu den Alpen und dem Rheine hin ein Heer der Streiter, welches furchtbar durch die überlegene Zahl, namentlich Reiterei, furchtbarer noch durch die Er¬ bitterung und den Zorn gegen den gemeinsamen Feind, zum Verderben der in Gallien stehenden römischen Legionen heranrückte. Drei Jahre vorher war es dem Stamme der Eburonen unter der Anführung ihres Fürsten Ambio rix gelungen, die Römer, welche zerstreut in den Winterquartieren lagen, durch schnellen Überfall zu überlisten; eine Legion und fünf Kohorten der Feinde halten sie vernichtet. Was da¬ mals ein einzelner Stamm gethan, das schien jetzt den vereinten Stämmen eines ganzen, großen, über eines der reichest bewohnten Länder von Europa ausgebreiteten Volkes ein leichtes Werk; ehe die römischen Le¬ gionen, welche inmitten des Landes lagen, es sich versahen, waren sie auf allen Seiten von den bewaffneten Haufen eines im heftigsten Auf¬ stande begriffenen Volkes umschwärmt, deffen Massen immer enger um jene ihr Netz zogen, darinnen die Übermacht schon durch das Gewicht ihrer Menge das wackere, italische Kriegsvolk erdrücken sollte, dem gerade jetzt sein Haupt, seine belebende Seele, der Feldherr fehlte. Julius Cäsar, zu dem die Kunde von der Gefahr der Seinen sehr bald nach Oberitalien kam, eilte ungesäumt zu ihrer Hülfe herbei; er hatte ungehemmt die Pässe der Alpen überschritten; hier aber fand er, daß zwischen ihm und seinen Legionen eine bewegliche Mauer der feindlichen Heerscharen gezogen sei, welche, damit er mit diesen oder diese mit ihm sich vereinen könnten, entweder von der vereinten Macht des Heeres durchbrochen oder von ihm, dem fast vereinzelten, durchschlüpft werden müsse. Er fühlte in diesem Augenblicke sich stärker als seine Legionen; schnell und klug zu-