Alles zum Guten. Balders Tod. 7 II. Sagen. 8. Balders Tod. Nach Adolf Lange. Äeimdall, dem Gotte des Morgenlichts, und Freyr, dem Frucht¬ barkeit verleihenden Gotte des Sonnenlichts, reiht sich als Gott der Frühlingssonne Balder an. Diese Dreizahl der Lichtgötter ist be¬ zeichnend für die Freude unserer Vorfahren an Licht und Tag. Lang, hart und kalt war der Winter in den Llrwäldern Deutschlands und unter dem nördlichen Äimmel des rauhen Skandinaviens; da spähte voll Sehnsucht des Menschen Auge nach dem ersten erwärmenden Strahl der Frühlingssonne, der den Bann der strengen Winterkälte bricht und die Natur aus ihrem Todesschlase erlöst, mit ungleich größerer Sehn¬ sucht als unter dem ewig blauen Himmel Italiens oder Griechenlands. Der deutsche Norden kannte das Sonnenlicht nur als die freundlichste, segenbringende Himmelsmacht; die verheerenden Wirkungen, die in den wasserarmen Ländern des Südens der Sonnenbrand ausübt, waren ihm fremd. Werden daher schon Freyr und Heimdall als gütige, den Men¬ schen freundliche Götter verehrt, so in noch ungleich höherem Maße Balder, der Gott der Frühlingssonne. Mit ganz besonderer Liebe malte sich die Phantasie unserer Ahnen das Bild dieses segenspenden¬ den Lichtgottes aus. So hehr und rein, so durchgeistigt und frei von jedem Fehl erscheint keine Göttergestalt als die seine. Odins, des Himmelsgottes, Sohn heißt er in der Gdda. „Nur Gutes", kündet sie, „ist von ihm zu sagen: er ist der beste aller Äsen und wird von allen gelobt. Er ist so schön von Antlitz und so glänzend, daß Heller Licht¬ glanz ihn umstrahlt." Ein Kraut ist so licht, daß es mit Balders Augenbrauen verglichen wird; es ist das lichteste aller Kräuter (gemeint ist die große Kamille); daraus kann man auf die Schönheit seines Haares sowohl als seines Leibes schließen. Er ist der weiseste, beredteste und mildeste aller Äsen. Seine Urteile kann niemand schelten. Er be¬ wohnt im Himmel die Stätte, die „Weitglanz" heißt. Da wird nichts Unreines geduldet. Aber wie im germanischen Norden der sonnenreiche Teil des Jahres schnell dahinschwindet, um dem langen Winter Platz zu machen, so sindet der jugendschöne, strahlende Lichtgott ein jähes Ende; die schmerzliche Beobachtung, daß alles Schöne vergänglich ist, findet