B. Dichtung. I. Epische Dichtung. 91. Der Blinde und der Lahme. Bon Christian Kellert. 5 1. Von ungefähr muß einen Blinden ein Lahmer auf der Straße finden, und jener hofft schon freudenvoll, daß ihn der andre leiten soll. 2. „Dir", spricht der Lahme „bei- 10 zustehen? Ich armer Mann kann selbst nicht gehen; doch scheint's, daß du zu einer Last noch sehr gesunde Schultern hast. 3. Entschließe dich, mich fortzutragen, so will ich dir die Stege sagen; 15 so wird dein starker Fuß mein Bein, mein Helles Auge deines sein." 4. Der Lahme hängt mit seinen Krücken sich auf des Blinden breiten Rücken. 20 Vereint wirkt also dieses Paar, was einzeln keinem möglich war. 92. Die Frösche. Bon Wolfgang non Goethe. 25 (Ein großer Teich war zugefroren. Die Fröschlein, in der Tiefe verloren, bürsten nicht ferner quaken noch springen, versprachen sich aber im halben Traum, fünden sie nur da oben Raum, 30 wie Nachtigallen wollten sie fingen. Der Tauwind kam, das Eis zerschmolz; nun ruderten sie und landeten stolz und saßen am Ufer weit und breit und quakten wie vor alter Zeit.