430 Anhang. III. 4. Wiederholung des im Unter-Tertia-Kursus 11. Doch vor dem hohen Tore, da hält der Sängergreis, Da faßt er seine Harfe, sie, aller Harfen Preis; An einer Marmorsäule, da hat er sie zerschellt; Dann ruft er, daß es schaurig durch Schloß und Gärten gellt: 12. „Weh euch, ihr stolzen Hallen! Nie töne süßer Klang Durch eure Räume wieder, nie Saite noch Gesang, Nein, Seufzer nur und Stöhnen und scheuer Sklavenschritt, Bis euch zu Schutt und Moder der Rachegeist zertritt! 13. Weh euch, ihr duft'gen Gärten im holden Maienlicht! Euch zeig' ich dieses Toten entstelltes Angesicht, Daß ihr darob verdorret, daß jeder Quell versiegt, Daß ihr in künft'gen Tagen Versteint, verödet liegt. 14. Weh dir, verruchter Mörder, du Fluch des Sängertums! Umsonst sei all dein Ringen nach Kränzen blut'gen Ruhms! Dein Name sei vergessen, in ew'ge Nacht getaucht, Sei, wie ein letztes Röcheln, in leere Luft verhaucht!" 15. Der Alte hat's gerufen, der Himmel hat's gehört; Die Mauern liegen nieder, die Hallen sind zerstört; Noch eine hohe Säule zeugt von verschwundner Pracht; Auch diese, schon geborsten, kann stürzen über Nacht. 16. Und rings statt duft'ger Gärten ein ödes Heideland; Kein Baum verstreuet Schatten, kein Quell durchdringt den Sand; Des Königs Namen meldet kein Lied, kein Heldenbuch; Versunken und vergessen! Das ist des Sängers Fluch. Der Schatzgräber. Von Wolfgang Goethe. (1797.) 1. Arm am Beutel, krank am Herzen, Und auf die gelernte Weise Grub ich nach dem alten Schatze Auf dem angezeigten Platze; Schwarz und stürmisch war die Nacht. Schleppt' ich meine langen Tage. Armut ist die größte Plage, Reichtum ist das höchste Gut! Und zu enden meine Schmerzen, Ging ich, einen Schatz zu graben. „Meine Seele sollst du haben!" Schrieb ich hin mit eignem Blut. Und es kam gleich einem Sterne Hinten aus der fernsten Ferne, Eben als es zwölfe schlug. 3. Und ich sah ein Licht von weiten, 2. Und so zog ich Kreis' um Kreise, Stellte wunderbare Flammen, Kraut und Knochenwerk zusammen: Die Beschwörung war vollbracht. Und da galt kein Vorbereiten: Heller ward's mit einem Male Die ein schöner Knabe trug. Von dem Glanz der vollen Schale,