70 II. Gestalten und Bilder aus der neueren Geschichte. Die einzelnen blieben nici>t zurück. Wer nicht selbst ins Feld zog oder einen seiner Familie ausriisten durfte, der suchte durch Gaben dem Vaterlande zu helfen. Es ist eine holde Arbeit, die langen Verzeichnisse der eingelieferten Spenden zu durchmustern. Beamte verzichten auf einen Teil ihres Gehaltes, Leute von mäßigem Wohlstand geben einen Teil ihres Vermögens, Reiche senden ihr Silbergeschirr, Ärmere bringen ihre silbernen Löffel, wer kein Geld zu opfern hat, bietet von seinen Äabseligkeiten, seiner Arbeit. Gebräuchlich wird es, daß Gatten ihre goldenen Trauringe — sicher oft das einzige Gold, das im Äause war — einsenden; sie erhielten dafür zuletzt eiserne mit dem Bild der Königin Luise zurück; Landleute schenken Pferde, Gutsbesitzer Getreide, Kinder ichütten ihre Sparbiichsen aus. Was das arme Volk ausbringen kann, wird eingesendet, mit der größten Opferfreudigkeit gerade von kleinen Leuten. Richt selten hat seither der Deutsche zu patriotischen Zwecken bei¬ gesteuert. Aber die Gaben des großen Jahres verdienen wohl ein höheres Lob. Denn wenn man von den Sammlungen der alten Pietisten für ihre menschenfreundlichen Institute absieht, ist es zum erstemnal, daß ein deutsches Volk in solcher Opferlust auflodert, und überhaupt zum erstenmal, daß dem Deutschen die Freude wird, für seinen Staat freiwillig hinzugeben. Auch die Summen, die damals aufgebracht wurden, würden zu¬ sammengezogen alles, was seither aus weiteren Landstrichen zusammen¬ geschossen wurde, so weit übersteigen, daß sie kaum verglichen werden dürfen. Allein die Ausrüstung der freiwilligen Jäger und alles, was für die Freischaren in den alten Provinzen gesammelt wurde, muß weit über eine Million gekostet haben, illnd sie begreift nur einen kleinen Bruchteil der freiwilligen Gaben und Einsendungen, die das Volk brachte. Lind wie war das kleine Volk verarmt! Gustav Frey tag. 19. Bismarck. Erst verspottet, dann befehdet, vielgeschmäht in allen Landen, hat er dennoch hohen Mutes ausrecht stets und fest gestanden. Dann gehaßt und dann gefürchtet, dann verehrt, geliebt, bewundert: also steht er, eine Säule, überragend das Jahrhundert. Rudolf Genee. überwältigend war seine Erscheinung, seit er, in Berlin und in Frankfurt, in das öffentliche Leben trat; wer sie sah, den ergriff sie irt Liebe oder in Äaß. Wir haben ihn ja alle vor unserem geistigen Auge: