190 V. Berlin. II. Ortsobrigkeit und Verwaltungsbehörde ist der Magistrat, ein Kol¬ legium von 34 Mitgliedern, die regelmäßig an jedem Freitag um 11 Ahr vormittags im Rathause zu mehrstündiger, nicht öffentlicher Beratung sich versammeln. Ihr Äaupt, der erste Bürgermeister, leitet und be¬ aufsichtigt den ganzen Geschäftsgang der städtischen Verwaltung. Sein Stellvertreter ist der zweite Bürgermeister. Besondere Ämter im Ma¬ gistrat versehen noch der Kämmerer, als städtischer Finanzminister, zwei Stadtbauräte, der eine für Hochbauten, der andere für das gesamte Ingenieurwesen, zwei Stadtschulräte, für die höheren Schulen und für die Gemeindeschulen, und der Syndikus. Rechtskundig ist auch die Mehr¬ zahl der anderen neun besoldeten Mitglieder (Stadträte). Siebzehn weitere Stadträte sind in unbesoldetem Ehrenamt tätig, zumeist Kauf¬ leute oder Industrielle. Alle die vierunddreißig Herren werden von der Bürgerfchaftsvertretung, den Stadtverordneten, gewählt, die besoldeten auf zwölf, die unbesoldeten auf sechs Jahre. Eine Wiederwahl ist zu¬ lässig und die Regel. Die Gewählten bedürfen einer Bestätigung durch die Staatsregierung, die beiden Bürgermeister durch den König, die anderen durch den Oberpräsidenten in Potsdam. Die Bürgerschaftsver¬ tretung besteht aus 144 Stadtverordneten, die auf je sechs Jahre zu diesem unbesoldeten Ehrenamt von den stimmfähigen männlichen preußischen Einwohnern Berlins mit öffentlicher Stimmabgabe gewählt werden. Dabei werden die Wahlberechtigten, es sind zurzeit etwa 370000, nach der Löhe der von ihnen zu zahlenden Staats- und Gemeindesteuern in drei Klaffen geteilt, so daß auf jede Klasse ein Drittel der Gesamtsteuer¬ summe aller Wähler entfällt. Wessen Steuerbetrag den Durchschnitt seiner Klaffe übersteigt, der kommt in die nächsthöhere. Da jede Klasse ein Drittel aller Stadtverordneten wählt, ist natürlich der Einfluß der Höherbesteuerten sehr verstärkt. In der ersten Wählerklasse (Mindest¬ steuerbetrag zurzeit 4200 Mark) bringen 1800 Wähler ebensoviel an Steuern auf, wie 32000 in der zweiten Klaffe (Mindeststeuerbetrag 178 Mark) und 326000 in der dritten. Regelmäßig alle Donnerstage kommen die Stadtverordneten um 5 1li Ahr im Rathause zur öffentlichen Sitzung zusammen, um in parlamentarischen Formen die Gemeindeangelegen¬ heiten zu beraten. Gegenstand der Beratung und Beschlußfassung sind alle Gemeindeangelegenheiten, die nicht zur gewöhnlichen Verwaltung gehören, also alle grundsätzlichen Anordnungen, die Bewilligung der Geldmittel, die Form ihrer Ausbringung, die Benutzung des Gemeindevermögens, vor allem der jährlich festzusetzende Stadthaushaltvoranschlag. Er balanciert mit