Von Limmel und Lolle. 277 war, las er das Tageblättchen. And jeden Tag einmal stieg er hinab in den Keller und besah sein Geld.- And zwanzig und fünfzig Jahre vergingen und wieder fünfzig, so daß es hundert waren, — und das ist doch nur eine Spanne von der Ewigkeit — da hatte der reiche Mann sein prächtiges, goldenes Schloß schon so überdrüssig, daß er es kaum mehr aushalten konnte. „Der Kalbsbraten und die Bratwürste werden auch immer schlechter," sagte er, „sie sind gar nicht mehr zu genießen!" Aber es war nicht wahr, sondern er hatte sie nur satt. „And das Tageblättchen lese ich schon lange nicht mehr," fuhr er fort; „es ist mir ganz gleichgültig, was da unten aus der Erde sich zuträgt. Ich kenne ja keinen einzigen Menschen mehr. Meine Bekannten sind schon längst alle gestorben. Die Menschen, die jetzt leben müssen, machen so närrische Streiche und schwatzen so sonder¬ bares Zeug, daß es einem schwindlig wird, wenn man's liest." Daraus schwieg er und gähnte; denn es war sehr langweilig, und nach einer Weile sagte er wieder: „Mit meinem vielen Gelde weiß ich auch nichts anzufangen. Wozu hab' ich's eigentlich? Man kann sich hier doch nichts kaufen. Wie ein Mensch nur so dumm sein kann und sich Geld im Äimmel wünschen!" Dann stand er auf, öffnete das Fenster und sah hinaus. Aber obschon es in dem Schlosse überall hell war, so war es doch draußen stockdunkel; stockdunkel, so daß man die Äand vorm Auge nicht sehen konnte, stockdunkel Tag und Nacht, jahraus, jahrein, und so still wie aus dem Kirchhof. Da schloß er das Fenster wieder und setzte sich aufs neue auf seinen Großvaterstuhl; und jeden Tag stand er ein- oder zweimal auf und sah wieder hinaus. Aber es war noch immer so. And immer früh Schokolade und mittags einen Tag um den andern Kalbsbraten mit Apfelmus und Milchreis mit Bratwürsten und nachher rote Grütze; immerzu, immerzu, einen Tag wie den andern. — Als jedoch tausend Jahre vergangen waren, klirrte der große, eiserne Riegel am Tor, und Petrus ttat ein. „Nun," fragte er, „wie gefällt es dir?" Da wurde der reiche Mann bitterböse: „Wie mir's gefällt? Schlecht gefällt mir's; ganz schlecht! So schlecht, wie es einem nur in einem so nichtswürdigen Schlosse gefallen kann! Wie kannst du dir .nur denken, daß man es hier tausend Jahre aushalten kann! Man hört nichts, man sieht nichts; niemand bekümmert sich um einen. Nichts wie Lügen sind es mit eurem vielgepriesenen Äimmel und mit eurer ewigen Glückseligkeit. Eine ganz erbärmliche Einrichtung ist es!" Da blickte ihn Petrus verwundert an und sagte: „Du weißt wohl gar nicht, wo du bist? Du denkst wohl, du bist im Äimmel? In der