294 B. Lyrische Poesie. X. Weltliche Lieder. B. Lyrische Poesie. i X. Weltliche Lieder. 114. Frühlingslied. Von Heinrich Heine. I. Leise zieht durch mein Gemüt Liebliches Geläute; Klinge, kleines Frühlingslied, Kling' hinaus ins weite. 2. Zieh hinaus bis an das Wo die Veilchen sprießen; Wenn du eine Rose schaust, Sag', ich laß sie grüßen. 115. Waldeinsamkeit. Von Karl Stieler. 1. Dann aber gingen Jahre ins Land Dahin über Wald und Fluren, Eh' ich wiedersah eines Menschen Hand Und eines Fußes Spuren. 2. Wie wunderstille war's da im Wald, Es klangen nur Vogelstimmen; An meinen schwellenden Blüten hing Der Falter und die Immen. 3. Das Sonnenlicht, es fiel durchs Grün lind glitzert' im dunkeln Moose, Hoch wuchs empor an meinem Stamm Die wilde Heckenrose, 4. Und durch die leuchtende Vollmondnacht Kam schweigend der Hirsch gegangen, Von einer stummen verzückten Pracht War alles Leben gefangen. 5. Und wenn es dann rauschte im langen Flug Durch all die Wälder, die weiten — Das war wie ein letzter Atemzug Aus Wodans gewaltigen Zeiten!