sein Messer, das er über der Brünne trug, und schnitt den Wurm mitten entzwei. So fällten die beiden Edelinge den Feind, und der greise König konnte sich noch seines Sieges freuen. Aber bald begannen seine Wunden zu brennen und zu schwel¬ len; das Gift wütete in seinem Innern. Wiglaf führte ihn auf einen Stein und labte ihn mit Wasser; doch Beöwulf fühlte wohl, dass die Zahl seiner Tage abgelaufen war und er nun zu Ende gebracht habe die Frist seiner Erdenfreuden. „Fünfzig Jahre war ich König des Volkes,“ sprach er, „ich achtete auf das Schick¬ liche, regierte das Meine wohl, pflog nie tückische Bosheit, noch schwur ich Eide mit Unrecht. Froh kann ich meine Todeswunde beschauen. Aber eile, teurer Wiglaf, in den grauen Fels und hole den Schatz und die Kleinode, die der Drache besass, dass ich nach dem Anblick des Reichtums mit Freuden sterbe.“ Wiglaf gehorchte seinem verwundeten Herrn. Da lagen in der Höhle zu Haufen die wundervollsten Werke, Krüge und Schüsseln, Waffen und Zierate in Menge. Mit solchen Kleinoden eilte er zurück; da fand er den König, überströmt von Blut, ohne Bewusstsein liegen. Wieder besprengte er ihn mit Wasser, bis Beöwulf zu sich kam und sprach: „Für alle Kleinode, die ich schaue, sage ich dem Gotte Dank. Solcher Reichtum wird nach meinem Tode meinem Stamme in der Not förderlich sein. Ich muss von hinnen. Lasst mir auf dem Vorgebirge den Leichenhügel errichten nach dem Brande, einen hohen Hügel, den die Seefahrer, über der Fluten Dunkel femhintreibend, Beöwulfs Burg nennen werden.“ Von dem Halse nahm er einen glänzenden Goldring und reichte ihn dem jungen Recken: „Du bist der letzte meines Geschlechts; alle meine Verwandten, die edlen, sind dahingegangen zu der Seligen Saal; ich soll ihnen folgen.“ Dies war das letzte Wort des Greises. Wiglaf safs in Trauer lange bei der Leiche, dann wusch er sie mit Wasser und sandte hinauf in die Burg nach den Edelsten des Landes, dass sie den Herrn bestatten hülfen. Einen Scheiterhaufen schichteten sie, einen grossen, behängt mit Helmen und Heer¬ schilden; darauf legten sie den teuern Herrn und begannen, das Leichenfeuer anzuzünden. Dann bauten sie an dem Orte den Hügel, einen hohen und breiten, wie der Fürst es gewünscht. Dahinein taten sie der Goldringe viele, edles Gestein und Gewässer und Rüstung, wie sie es entnommen hatten dem Hort des Wurmes. Um den Leichenhügel ritten sie dann und stimmten an erhabnen Pulr, Lesebuch IV. 2. «ufl. 7 5 10 15 20 25 30 35 40