Zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit — einerlei, welches Tempus im Hauptsatze steht — dient der Konjunktiv des Präsens, zum Ausdruck der Vorzeitigkeit der des Perfekts. Z. B.: Er sagt (sagte), er sei krank, er habe sich erkältet. Konjunktivformen, die mit Jndikativformen zusammenfallen, kann man in der indirekten Rede nicht brauchen. Für Präsensformen treten dann Formen des Präteritums, für Perfektformen dann Plusquamperfekt¬ formen ein. Z. B.: Man behauptet, die Lehren des Talmud seien veraltet und würden (st. werden) nicht mehr befolgt. — Es wird mir vorgeworfen, ich hätte (st. habe) ohne Grund gefehlt und käme (st. komme) überhaupt mit Unlust. Die Formen des Präteritums müssen überall da gebraucht werden, wo die direkte Rede sie schon verlangt. Z. B.: Wenn ich Geld hätte, käme ich. — Er sagt, wenn er Geld hätte, käme er. In Sätzen, die eine Forderung aussprechen, braucht man nicht die einfachen Konjunktivformen, sondern die Konjunktive der Verba sollen und mögen mit dem Infinitiv. Z. B.: Cäsar entschied, die Helvetier sollten nicht durch die römische Provinz marschieren; sie möchten sich anderswo einen Weg suchen. Anm. Die oberdeutschen Mundarten bevorzugen den Konjunktiv des Präsens, die mittel- und niederdeutschen dagegen den Konjunktiv des Präteritums. So findet man denn auch häufig bei Schriftstellern den Konjunktiv des Präteritums und Plus¬ quamperfekts statt des Präsens und Perfekts. Man folgt indes besser der oberdeutschen Weise. Vgl. Luther: Der Mensch ging hin und verkündigte den Juden, es sei Jesus, der ihn gesund gemacht habe. Beispiel -er indirekten Rede (s. oben Nr. 50). Der Schweizer Chronist Petermann Etterlin erzählt in seiner ,Chronik der Eidgenossenschaft', es habe zu Sarnen in Unterwalden ein Herr von Landenberg gesessen, der sei Vogt des Kaisers Albrecht von Österreich ge¬ wesen. Als der vernommen habe, daß ein Landsmann im Melchtal einen hübschen Zug Ochsen hätte/) habe er einen Knecht dahin geschickt mit dem Befehl, ihm die Ochsen zu bringen. „Die Bauern sollten den Pflug selbst ziehen", habe er gesagt, „er wolle die Ochsen haben". Der Knecht habe getan, wie ihm sein Herr befohlen?) Nun habe der arme fromme Landmann einen Sohn gehabt, namens Arnold. Als der gesehen, daß des Landvogts Knecht die Ochsen losbinden wollte, habe er ihm mit einem Stecken auf die Hand geschlagen und ihm einen Finger zerbrochen. Der Knecht habe an¬ gehoben zu wehklagen, sei heimgelaufen und habe den Sohn des Landmanns verklagt. Da dieser wohl gewußt habe, daß er ob seiner Tat leiden müßte, wenn er nicht flugs entwiche, so sei er entronnen ins Gebirge. Als der Land¬ vogt die Klage des Knechts vernommen habe, sei er sehr zornig geworden und habe noch mehr Leute ausgeschickt, um den Übeltäter zu strafen. Da *) Hier tritt „hätte" für habe ein, weil die Form „habe" sonst dreimal nach- aeinnder vorkommt. *) In indirekter Rede ist es erlaubt, um die Häufung des Hilfsverbs zu ver¬ meiden, es dann und wann auszulassen. — In direkter Rede soll man es indes nicht tun.