310 | scheinung steht sie da, als hätte sie ein Kuristgärtner des Empire oder der Zeit Louis XVI. erfunden. Ans den Stichen eines Chodowiecki zwischen Platanenalleen und regelrecht beschnittenen Taxushecken würde sie nicht störend auffallen. Ihr Name ist sehr bezeichnend. Ein Querschnitt gäbe 5 das Bild eines vielarmigen Kandelabers nach Art des siebenarmigen Leuchters von Jerusalem. Ich könnte mir nichts Schöneres denken, als einen Wald mit Kandelabereuphorbien, die brennende Kerzen tragen. Man findet sie in der Glut der Steppen wie im schattigsten Dickicht, umsponnen von tausend Schlingpflanzen, oder aus felsigem Bergkamm, dem Winde 10 preisgegeben. Wie alle Euphorbien fürchtet sie der Neger, weil ihr Milch¬ saft schwere Augenkrankheiten erzeugen soll. Meine Affen sind anderer An¬ sicht und spielen ganz vergnügt auch in Euphorbien, gleichviel, ob der Saft sie bespritzt oder nicht. Interessant ist, wie ihr Stammstück, älter werdend, rasch seine Kanten und grüne Farbe verliert, sich rundet unb 15 schließlich braun und hart ist, wie die anderer Bäume. Hinter Mpapua beginnt die Schirmakazie häufig zu werden, bald licht in der Steppe, bald in dichten Wäldern. Sie erinnert etwas an die Pinie, und wie diese kann man sie gern den „Phantasten unter den Bäumen" nennen. Ich liebte sie besonders, wenn ich von einer Höhe, z. B. bei 20 Mpapua, auf einen Wald von Schirmakazien hinabsah wie auf eine grüne Wetterwolke, oder wenn sie sich einen Berg gleich Nebelstreifen hinaufzogen oder die Lagerfeuer von unten sie erleuchteten, daß ihre feinsten Ver¬ zweigungen sich vom Nachthimmel abhoben. Sie werfen auch in der Trockenzeit ihre dunkelgrünen winzigen Blättchen nur zum kleinen Teil 25 ab und geben dadurch der Steppe, wenn man sie wie in Ngombia von einem Hochplateau unter sich liegen sieht, ein frisches, freundliches Aus¬ sehen. Daß es auch unter ihnen eine Anzahl Varietäten, die durch Ver¬ schiedenheit von Blatt und Stamm sehr in die Augen fallen, gibt, ist für einen afrikanischen Baum fast selbstverständlich. 94. Togo. Willy Scheel. 30 Das Geburtsjahr der Kolonie Togo ist das Jahr 1884, das für die Geschichte der deutschen Kolonisation überhaupt in mehr als einer Beziehung von größter Wichtigkeit geworden ist. An der Küste von Westafrika hatten sich an verschiedenen Stellen Bremer Kaufleute mit ihren Faktoreien festgesetzt und einen regen Handel 35 eröffnet. Da sie aber auf britischem Gebiete durch Zoll und Steuern nicht unbeträchtlich eingeengt wurden, versuchten sie durch den Übergang in un¬ abhängiges Gebiet ihre Waren steuerfrei ein- und auszuführen. Es war