189 3. Im Schlachtfeld tranken wir alle daraus, Zu sühnen uns mit Gott; Soll nun beim wüsten Siegesschmans Der Heid' ihn schwingen zum Spott? 4. Herr Ott, und fühlt Ihr Ench stark und jung, Noch einmal wendet das Roß! Versucht mit scharfem Schwertesschwung Noch einmal zu hemmen den Troß! 5. Und haltet Ihr nur so lang ihn aus. Als Ihr ein Ave sagt, So rettet meines Hengstes Laus Den Kelch, um den Jhr's wagt." 6. Herrn Otts Besinnen war nicht groß. Sprach „Ja" und weiter nichts; Des Meisters Roß von dannen schoß Im Strahl des Mondenlichts. 7. Und als das Kreuz auf dem Mantel weiß Nicht mehr zu kennen war. Da sauste schon aus Gäulen heiß Heran der Litauer Schar. 8. Und als der Mantel fern im Schwung Nur schien wie ein fliegender Schwan, Da fielen sie den Ritter jung Mit grimmigen Streichen an. 9. Die krummen Schwerter blinkten frei, Es rasselten dumpf die Keulen, Dazwischen ging ihr Kampfgeschrei Wie hungriger Wölfe Heulen. 10. Herr Ott vom Bühl sprach: „Ave, Marie!" Und führt' einen Hieb, der traf; DerHauptmann flog vom Sattel aufs Knie Mit dnrchgespaltnem Schlaf. 11. Das zweite Wort der Held dann sprach Und hieb noch kräftiger schier; Der Bannenträger zusammenbrach, Und über ihn fiel das Panier. 12. Und Wort um Wort und Streich um Streich, Das war ein tapfer Gebet; Bei jedem Spruch lag alsogleich Ein Heide dahingemäht. 13. Und es klaffte dem Ritter das Stahlhemd weit. Und es färbten die Ringe sich rot, Er aber ward nicht laß im Streit, Und jeder Schlag war Tod. 14. Und es barst sein Schild, und es sank sein Pferd, Da kämpft' er fort zu Fuß; Mit beiden Händen schwang er das Schwert Und betete weiter den Gruß. 15. Und als zu Ende das Ave ging. Er führte noch einen Streich, Und in getürmter Leichen Ring Hin sank er blutend und bleich. 16. Sein Mund ward stumm, sein Arm ward schwer, j Im Tode stand sein Herz; ! Nicht „Amen!" konnt' er sprechen mehr, I Das war sein letzter Schmerz. 17. Doch die Litauer warfen die Renner herum, * Kein Streit mehr lüstete sie. j Gerettet war das Heiligtum Durch des Ritters „Ave, Marie!" 18. Gott geb' ihm droben selige Statt Aufs tosende Schlachtgetümmel! Wer so aus Erden gebetet hat. Mag „Amen!" sagen im Himmel. Emanuel Geibel. Gesammelte Werke. 1883. B. II. S. 158 ff. 81. Das Mahl zu Heidelberg (1462). 1. Von Württemberg und Baden Die Herren zogen aus; Von Metz des Bischofs Gnaden Vergaß das Gotteshaus. Sie zogen aus, zu kriegen, Wohl in die Pfalz am Rhein; Sie sahen da sie liegen Im Sommersonnenschein.