Ein Trauerzug wallt aus der Stadt, Man trägt den Leib zur ew'gen Ruh; Der Geist, auf lichtern Bahnen, Sieht schon, was wir nur ahnen — 31.4 32 Er geht zu neuem Frühling ein, Frei aller Not zu werden. Wohl wird's im Himmel schöner sein, Doch schön ist's auch auf Erden. Friedrich Bodenstedt. 46. Wanderlied. 1. Dem Wandersmann gehört die Welt In allen ihren Weiten, Weil er kann über Thal und Feld So wohlgemut hinschreiten. Die Felder sind wohl angebaut Für andre und von andern; Ihm aber, der sie sich beschaut, Gehören sie jetzt beim Wandern. 2. Durch Wiesen schlängelt sich ein Pfad, Wie zwischen Blumenbeeten. Ich weiß nicht, wessen Fuß ihn trat; Er ist für mich getreten. Und neben in das Gras hinein, Wo sie wohl Futter holen, Das Grün ist auch beim Wandern mein, Ein Teppich für meine Sohlen. 3. Der Baum, der hier am Wege steht, Wem mag er Frucht erstatten? Doch weil mein Weg vorüber geht, So giebt er mir den Schatten. Sie haben ihn hieher gesetzt Wohl nicht zu meinem Frommen; Ich aber glaube, daß er jetzt Sei eigens für mich gekommen. 4. Der Bach, der mir entgegen— rauscht, Kommt her, mich zu begrüßen, Durch Reden, die er mit mir tauscht, Den Gang mir zu versüßen. Und wenn ich seiner müde bin, Er wartet auf mein Winken, Gleich wendet er sich zur Rechten hin, Und ich zieh' fort zur Linken. 5. Die Lüfte sind mir dienstbar auch, Die mir im Rücken wehen, Sie wollen doch mit ihrem Hauch Mich fördern nur im Gehen. Und die ins Angesicht mich küßt, Sie will mir auch nicht schaden: Es ist die Ferne, die mich grüßt, Zu sich mich einzuladen. 6. Der Regen und der Sonnenschein Sind meine zwei Gesellen.— Die, einer hinterm andern drein, Abwechselnd ein sich stellen. Der Regen löscht der Straße Staub, Die Sonne macht sie trocken; Daneben wollen Gras und Laub Sie aus dem Boden locken. 7. Und spannt in ihrem Wechselspiel Sich aus ein Regenbogen, Komm' ich, entgegen meinem Ziel, Darunter her gezogen. Der Bogen ist für mich gespannt, Weil ich darunter walle; Zu Trägern sind die Berg' ernannt, Daß er auf mich nicht falle. 8. Und wo ein Dorf entgegentritt Da hör' ich Glocken läuten. Sie meinen selber mich damit, Was könnt' es sonst bedeuten?