11 Rief er gefaßt: „Laßt euer Trauern fein, Zum Himmel schickt' ich eine Heil'ge ein. Ich gab sie ihm, wie er sie mir gegeben; Wer also stirbt, der hat das ew'ge Leben." Und als sein liebes Lenchen lag im Grabe, Setzt er die Grabschrift ihr als Liebesgabe: „Hier schlaf ich, Doktor Luthers Töchterlein, Ruh mit allen Heil'gen in meinem Bettelein, Die ich in Sünden ward geboren. Hätt' ewig müssen sein verloren; Aber ich leb nun und hab's gut, Herr Christ erlöst mit seinem Blut." I. Sturm. 10. Die Finkcnmutter. Wie eine Mutter liebt, das sah ich heut, ihr Kinder! Hört an und denkt, es liebt die eure euch nicht minder. Ich war im Gartenhaus, an dem der Birnbaum steht, Im Baume hatt' ich längst ein Finkennest erspäht; Vorsichtig war es da im Moos des Stamms versteckt. Und drinnen hatte schon fünf Finklcin ich entdeckt. Mit Freuden fliegen sah ich ab und zu die Mutter; Wie euch die eurige, gab sie den Ihren Futter. Im Fenster stand ich nun, geflüchtet vor dem Regen, Der niedergoß, erregt von starken Donnerschlägen. Da flog im Sturm herbei mit Hast das Finkenweib Und schirmte Rest und Brut mit ihrem kleinen Leib. Es spreitete, so weit es konnte, sein Gefieder, Und in des Halses Flaum duckt es sein Köpfchen nieder. So wie es sich als Schild gewölbet ob den Seinen, Trotzt es dem Regen erst und dann den Hagelsteinen. Die Hagelsteine, sturmgeschleudert, rasselten, Daß vom gepeitschten Baum die Blätter prasselten. Der Stamm im Winde schwankt' und auf dem Baum das Nest; Die Mutter aber saß auf ihren Jungen fest. Sie ließ das Ungestüm des Himmels sich ergießen, Geduldig, nur bedacht, sich um ihr Nest zu schließen. Und als es ausgetobt, sprach ich: „Gott sei gelobt! In einem Vogel hat sich hier die Lieb' erprobt. Die Liebe nur, und nur die Mutterlieb' allein Vermochte das; nun auf und fleug, o Vögelein! Die Luft ist wieder rein, nach Wetter Sonnenschein."