J — 324 — Gleich darauf wird Frankreichs Gesandter aus den Vorge¬ mächern des Monarchen gebührend hinauscomplimentiert. Der 15. Juli war angebrochen. Kurgäste und Emser Ein¬ wohner standen zahlreich um das Kurhaus versammelt. Da erschien der König, zur Reise in seine Residenz gerüstet. Ein begeistertes, nicht endenwollendes Hochrufen begrüßt ihn; Blumen bedecken seinen Weg. Er erwidert, Thränen der Rührung in den Augen, einige Worte und ruft den Versammelten zu: „Auf Wiedersehen! Auf Wiedersehen!" Die Equipage führt ihn fort bis zum Bahnhöfe. Auch dort ein dreifaches Hoch, und fort braust der Zug. Und nun geht es den 84 Meilen langen Weg von Ems nach Berlin, den der Dampfwagen in kaum einem Tage zurücklegt. Schweigsam lehnt der König in dem Armstuhle seines Salonwagens, selten schweift sein Blick hinaus auf die reich gesegneten Fluren seines Landes. Gar manche Sorge lagert noch auf seinem Haupte. „Wie werden die Hessen, wie wird Hannover die neue Wendung der Dinge aufnehmen? Wird Süddeutschland fest und-unerschütterlich zu uns stehen?" Da fährt der Zug in einen großen Bahnhof. Es ist Kassel. Der Perron ist von Menschen überfüllt. Nicht nur die obersten Spitzen der bürgerlichen und militärischen Behörden, Tausende von Bürgern aller Stände, aller Parteien geleiten den Oberbürger¬ meister, um die von ihm überreichte Ergebenheitsadresse mit herz¬ licher Zustimmung zu begleiten. Und niemand weicht von dem Perron, bis der König mit seinem Gefolge im Wartesalon sein Diner beendet hat. Als er heraustritt und wieder in den Wagen steigt, erneuern sich die jubelnden Hochrufe, das Hüte- und Tücher- schwenken. Mit solcher Begeisterung und Liebe empfangen ihn die Hessen. Tiefgerührt und bewegt winkt der Monarch wieder und wieder vom Fenster seines Coup» dem Publikum seinen Dank zu, und dann geht es rasch vorwärts. Es ist eine denkwürdige Reise. Die Liebe und Begeisterung des Volkes, das auf allen Stationen, ja oft weite Strecken längs der Bahn in großen Scharen versammelt ist und ihm zuruft: „Auf nach Frankreich! Auf nach Paris! Hoch König Wilhelm!" scheinen ihn mehr zu tragen als die Flügel des Dampfes, die den Zug dahin treiben. Der Empfang der Hannoveraner in Göttingen, der Braun¬ schweiger in Börsum thut ihm ganz besonders wohl; er weiß jetzt, daß nur ein Sinn in Norddeutschland herrscht, und er zweifelt nicht nuchr, daß auch der Süden denselben theilen werde. Und ist noch ein Rest von Sorge in seinem Herzen, jetzt weicht er, als es in