304 Das Geheimnis der Mischung Zornig packte er seinen Hut, stülpte ihn über hie gesträubten Haare, stapfte mit langen Schritten davon und schoß zur Türe hinaus. Die Augen auf das beschneite Pflaster gesenkt, so stürmte er heimwärts. Bilder der Erinnerung huschten an seiner Seele vorüber. Er dachte an die Lehrlingszeit zurück, die er in einem chemischen Laboratorium durchgemacht hatte, und an die ersten Gesellenjahre, die er weit von der Heimat in einem großen Glas¬ werk verbracht. Dann war er heimgekommen und hatte in der Seydelmann'schen Majolikafabrik eine sichere Stelle gefunden. Der gute Herrgott hatte ihm ein liebes Weib und gesunde, lustige Kinder beschert — ja, was wollte er denn noch mehr? Ein wenig knapp ging es freilich her zu Hause — aber wenn da nun auch . ein paar kleine Rückstände bei den unentbehrlichen Handwerksleuten nicht zu vermeiden waren — er hatte ja nur eine kurze Woche noch auf den Neujahrstag zu warten, an welchem Herr Seydel- mann für den Glückwunsch jedes Beamten und Arbeiters mit einem ganzen Monatsgehalte zu danken pflegte. And diesen Herrn, der ihm erst vor acht Tagen den größten Beweis seines Vertrauens gegeben hatte, den hätte er verraten und verkaufen sollen? Bei diesem Gedanken warf Schalter die geballten Fäuste so zornig in die Höhe, daß ein altes Mütterlein, welches ihm gerade entgegenkam, sich erschrocken vom Trottoir auf die offene Straße flüchtete. Bald erreichte er sein Heim, weit draußen in einer stillen Vorstadtgasse. Mit hurtigen Sprüngen eilte er die vier engen, steilen Treppen hinauf. Seine schmucke, blonde Frau empfing ihn. „Grüß' dich Gott, Robert!!" sagte sie und schaute ihn von der Seite an; denn sie las es ihm gleich vom Gesicht, daß irgend etwas nicht in der Ordnung war. Diese Wahrnehmung aber verschwieg sie ihm. Sie faßte seinen Arm und zog ihn gegen die Stube. „Komm nur, kannst mir gleich die Kerzen auf¬ stecken helfen! Die Kinder wollen schier nimmer warten. Sie schreien wie die Wilden und der armen Großmutter haben sie schon alle Falten vom Rock heruntergerissen." Sie traten in das Zimmer, welches, von einer Hängelampe erhellt, trotz seiner dürftigen Ausstattung einen behaglichen, freund¬