382 Prosaheft VI. zehnmal so große Helligkeit wie das gewöhnliche Leuchtgas. Es ist nun kürzlich gelungen, den bisher teuren Körper billig herzustellen. Man erhält Azetylen aus dem Kalziumkarbid, indem man dieses Kunstprodukt mit Wasser übergießt. Die sehr helle Azetylenflamme muß in besonders eingerichteten Brennern entwickelt werden, weil sie sonst sehr stark rußt. An solchen Orten, wo man über keine Gasanstalten verfügt, kann man daher sehr leicht Azetylenbeleuchtung einführen, wenn man Gefäße, mit Kalziumkarbid und Wasser gefüllt, aufstellt, die ohne weiteres den Leucht¬ körper entwickeln. Das Azetylengas ist, mit Luft vermischt, stark ent¬ zündbar und daher sehr gefährlich für Laienhände. Jetzt hat man die elektrische Bogenlampe, die bisher nur auf Plätzen, Straßen, Bahnhöfen u. dgl. verwendet wurde, so klein gebaut, daß sie sich auch für die Zimmerbeleuchtung eignet. Das ist dann die billigste Art, unsere Räume mit Licht zu versorgen. 100. Das Papier. Von Prof. Dr. Lassar-Cohn, Die Chemie im täglichen Leben. (Hamburg und Leipzig, Leopold Voß, 5. Ausl. 1905.) Nachdem in den ältesten Zeiten nur auf Gegenständen, die die Natur lieferte, wie Steinen, Hölzern, Häuten geschrieben worden war, erfanden die Ägypter sehr früh schon die Herstellung des Papiers aus der Papyrusstaude. Die Stengel dieser Pflanze wurden in möglichst dünne, breite Blättchen geschnitten, die man nebeneinander legte. Eine zweite Lage lvurde quer zur ersten hinübergelegt, und das Ganze kam unter eine Presse, unter der es zu einem Blatt zusammentrocknete. Dieses wurde möglichst glatt gerieben und diente hierauf zum Schreiben. Außer diesem Schreibmaterial hatten das Altertum und das frühe Mittelalter, noch das aus den Fellen ganz junger Tiere hergestellte Pergament zur Verfügung, bis schon im achten Jahrhundert aus leinenen Lumpen Papier hergestellt wurde. Unser jetziges Papier, von dem weit mehr zum Drucken als zum Schreiben verbraucht wird, besteht aus einer dünnen Schicht von stark verfilzten Fasern, welche dem Pflanzenreich entstammen, während die des Tierreiches sich für die Papierfabrikation nicht eignen, weil sie ein zu weiches, an Tuch erinnerndes Produkt liefern. Um Papier genügend billig herstellen zu können, hat man von jeher das geeignete Fasermaterial nicht direkt, wie es die Pflanzen liefern, zu seiner Fabrikation gebraucht, sondern die von den Pflanzen, gelieferten Fasern, nachdem sie als Leinen- und Baumwollzeuge infolge der Abnutzung unbrauchbar geworden waren, als Lumpen verwendet. Alle pflanzlichen Fasern bestehen aus Zellulose, die kurze Fäserchen