225 loitrbe. Schon unter den weltlichen Griechen, den niichternen Römern hatte der Enthusiasmus zahlreiche treue Blutzeugen geworben, stürmischer erregte der Glaube die junge, ungebändigte Naturkraft in den neuen Völkern. Großartig und leidenschaftlich wurde in manchen Einzelnen die Hingabe. Der junge Cvlnmban sprang zu seinem Missionsamt über den Leib seiner Mutter, die sich vor ihm auf die Erde warf, die Thür zu verschließen; immer wieder fanden sich hochsinnige Männer, welche in die wilden Kriegerhaufen, über das Meer, durch die Wüsten und die Länder feindlicher Könige pilgerten, um die Lehre zu verkünden, welche das Un¬ heil der Welt in Heil verkehren sollte. Solche überlegene Naturen, die ihres Gottes voll, unbekümmert um das eigene Schicksal, die Güter dieser Welt verachtend, als Büßer, Prediger, Lehrer unter den Heiden dauerten, erzwangen sich überall Anerkennung. Auch die Heiden blickten mit Scheu nach ihrer Zelle aus Baumrinde, und die Häuptlinge der Nachbarschaft saßen in Stunden innerer Unsicherheit auf ihrer Hvlzbank und lauschten ehrfurchtsvoll dem mahnenden Wort. Der Wildeste empfand, es mußte Großes sein, was diese Männer an den Saum des Bergwaldes gesiedelt hatte, wo der Wolf nächtlich um ihre Hütte kreiste und kein Graben dem Überfall einer Ranbhorde wehrte. Eine solche Hütte in Oberöstreich war es, wo um das Jahr 460 ein fahrender germanischer Krieger eintrat, um den Segen des frommen Siedlers für seine Fahrt nach Italien zu erbitten. Er war in schlechten Pelzrvck gekleidet, tief mußte er seine hohe Gestalt beim Eintritt bücken und vermochte nicht in der niedrigen Zelle grade zu stehen. Der Missionär entließ den Landlosen mit der frohen Verheißung, daß er in kurzem vielem Volk reichen Hort spenden werde. Der fahrende Mann war Odoaker, der nach Italien zog sein Glück zu suchen, der Weissagende der heilige Severin. So machte das Christentum unaufhaltsame Fortschritte. Viele Stämme nahmen es in den Jahren ihrer Kolonistenwanderung an, wie die Goten, Langobarden, Vandalen, Heruler, andere in ihren neuen Sitzen, wie Franken und Angelsachsen. Die Bekehrer verstanden sich gut auf die beiden Künste, welche ihnen Erfolg sicherten: sie wußten zu ge¬ winnen und ihre Macht zu erweitern. Sie warben klug um die Gunst der Mächtigen, und sie waren unermüdlich, die Schwäche der alten Götter und die stärkere Gewalt des Christengottes zu erweisen. Jedes Unglück, das die Heiden traf, war eine Strafe für die Verstocktheit; alles Glück, das dem Fürsten und dem Volke widerfuhr, betrachteten sie ent¬ schlossen als Wirkung ihres Gebetes. Hatten sie sich in den Gemütern festgesiedelt, dann thaten sie ihre Hauptschläge gegen den Heidenglanben, die Eiche Donars wurde gefällt, die aufgehangenen Pferdehäupter auf den Anger geworfen, die Göttersäule umgestürzt, das Hvlzwerk der heiligen Umfriedung verbrannt; über dem Opferstein wurde die christliche Kirche mit ihrem Chor, Altar und Taufstein gezimmert und daneben auf hohem Lesebuch für höhere Mädchenschulen. IV. 2. 15 5 10 15 20 25 30 35 40