54 55 Zufriedenheit und bloß scheinbare Ruhe des einen, die lauernde List des anderen: das alles entgeht dem geübten Auge nicht. Dort steht ein soeben angekommener Schiffskapitän mit gespreizten Beinen wie auf dem Verdecke seines Schiffes, den breiten Hut in die Augen gedrückt und beide Hände in den Rocktaschen, vor seinem Reeder, 60 dessen Schiff und Ladung er glücklich heimgebracht hat. Dies ist ein junger, elegant gekleideter Mann mit ernsten Zügen; daneben sehen wir seinen Bruder, älter, gebräunt von der tropischen Sonne — er hat zweimal den Äquator passiert. Das sind Kauf¬ leute, die kennen Welt und Leben, ihr Blick übersieht die Verhält- 65 niffe aller Erdteile, ihre Kontore liegen an den fernsten Gestaden des Ozeans, wo man ihre Namen nennt und kennt wie in Hamburg selber. Ein solcher Hamburger Kaufmann umfaßt mit seinem Handel die ganze Welt. 5. Das tritt uns im Hafen mit seinem Gewimmel von großen 70 und kleinen Schiffen handgreiflich entgegen. Wer aus dem Innern Deutschlands sich hier zum erstenmal der Nordsee nähert und den Odem des Ozeans spürt, obwohl er noch weit von der Küste ent¬ fernt ist, dem weitet sich das Herz im Anblick der gewaltigen Dampfer und der Hunderte von Segelschiffen, die auf dem breiter 75 werdenden Elbstrom schwimmen. Und wenn er auf einer Rund¬ fahrt durch den Hafen Tausende von Masten und zierlichen Wimpeln erblickt, wenn er diese unabsehbaren Massen von Waren aus allen Erdgürteln, dieses Getümmel und Gewimmel von Matrosen, Kauf¬ leuten, Reisenden und Auswanderern erschaut und in allen Zungen 80 reden hört, dann wird er von einem Gefühl des Staunens nicht nur und der Bewunderung, sondern auch von vaterländischem Hoch¬ gefühl erfüllt, daß diese Welthandelsstadt Hamburg eine deutsche Stadt, eine Perle des Deutschen Reiches ist. Nach A. W. Grube. 24. Sprüche. 1. Wo es drei Heller tun, da wende vier nicht an. Und nicht zwei Worte, wo's mit einem ist getan! Rückert.