131 Priesterweihe. leitete längere Zeit ein Waisenhaus, nahm an einer Ge¬ sandtschaft nach Südamerika teil, ward nacheinander auf die Bischoss- stühle von Spoleto und Jmola berufen und 1840 zum Kardinal erhoben. Der Regierungsantritt des neugcwählten Papstes fiel in eine schlimme Zeit. In vielen Ländern Europas gährte der Aufruhr. Auch der Kirchen¬ staat blieb nicht ruhig. Sein Minister Rosst fiel sogar unter dem Dolche eines Meuchelmörders. Ein wilder Volkshaufe versammelte sich vor km päpstlichen Palaste und verlangte allerlei Freiheiten. Um den Papst gefügiger zu machen, pflanzten die Aufrührer Kanonen aus: eine Flintcn- kngel traf den Prälaten Palma, der an der Seite Pius IX. am Fenster stand. Da sah Pius, daß er seines Lebens nicht mehr sicher sei. Um der Stadt die Schmach zu ersparen, ihren Bischof ermordet zu haben, floh er mit Hilfe des bayrischen und französischen Gesandten aus Rom nach der Festung Gaöta. Erst zwei Jahre später öffneten sich ihm die Pforten seiner Hauptstadt wieder. Jedoch noch schlimmere Tage standen dem edlen Papste bevor. Ein sardinisches Heer siel 1860 in den Kirchenstaat ein und nahm ihm den größten Teil seines Landes. Damit nicht genug; auch Rom wollten seine Feinde an sich reißeit. Die Ge¬ legenheit dazu fand sich 1870, als die Franzosen ihre Schutztruppe von 5000 Mann zurückzogen. Eine den päpstlichen Truppen siebenfach über¬ legene Armee zog nun heran, beschoß Rom fünf Stunden lang und drang am 20. September durch die Porta Pia in die Ewige Stadt ein. Viktor Emanuel machte Rom zu seiner Hauptstadt und schlug im Quirinal seinen Sitz auf, während Pius IX. in den Vatikan flüchtete, den er bis zu seinem Tode nicht mehr verließ. In all diese Trübsale fallen herrliche Strahlen göttlicher Tröstungen. So beging Pius IX. 1860 sein 50 jähriges Priesterjubiläum, überschritt 1871 als Papst die fünfundzwanzig Regiernngsjahre des heiligen Petrus llnd feierte 1877 unter dein Jubel des katholischen Erdkreises sein 50 jähriges Bischofsjubiläum. . Den größten Glanz verleihen seiner 32 jährigen Regierung zwei wichtige Entscheidungen. Seit mehr als hundert Jahren waren verderbliche Lehren auf¬ getaucht, die viele Menschen in Irrtum brachten. Wie einst im Paradiese der Verführer zu den ersten Eltern gesagt hatte, sie brauchten Gott nicht zu gehorchen, sie sollten nur essen von der verbotenen Frucht, so hieß es auch jetzt, das höchste Ziel des Menschen ist genießen, genießen. Als oberstes Gesetz gilt nicht der Wille Gottes, sondern der der Menschen. Diesen gottlosen Lehren stellte Pius IX. das reine Bild der jungfräu¬ lichen Gottesmutter gegenüber, das den Stolzen zur Demut und den Genußmenschen zur Enthaltsamkeit und Herzensreinheit mahnt, lind was die katholische Kirche durch alle Jahrhunderte geglaubt hat, das verkündete Pius am 8. Dezember 1854 in Anwesenheit von mehr als zweihundert Bischöfen als feierlichen Glaubenssatz: daß die allerseligste Jung¬ frau Maria durch eine besondere Gnade Gottes vor dem Makel der Erbsünde bewahrt worden sei.