293 hier durch Zwangsmaßregeln nicht geholfen werden konnte, und diese ihm noch überall die wirksamsten schienen. Eifrig hielt er auf rasche und unparteiische Rechtspflege. Von Herzen fromm und dem Protestantismus zugethan, ehrte und stützte er die evangelische Kirche; überall nahm er sich der gedrückten Glaubensgenossen kräftig an und nicht bloß aus richtiger Politik*), sondern auch aus innerem Triebe. Aber er drückte darum seine katholischen Unterthanen nicht; Unduldsamkeit war nicht sein Fehler. Vor allem machte er nie einen Unterschied zwischen Lutheranern und Reformierten; sie waren ihm beide gleich liebe Unterthanen, wenn sie ihre Pflicht thaten. Aus seiner glaubensstarken und praktischen Frömmigkeit floß auch seine Wolthätigkeit. Er errichtete oder erweiterte manche höchst heilsame Anstalten, wie er denn namentlich das große Berliner Krankenhaus „die Charitö" (1727) gegründet hat. All dies gute, was die Regierung des Königs für die Unterthanen hatte, war aber wesentlich sein eigenes Werk. Denn er war in der That ein Selbstherrscher, immer rastlos beschäftigt. Friedrich Wilhelms Erholung von den Regierungsgeschästen und dem Exercierwesen bestand, außer der Jagd, die er sehr liebte, in dem Besuche des Tabakscollegiums. Dies war seine Abendgesellschaft, wo er im Kreise alter Offiziere und einiger Spaßmacher beim Genusse von Bier und beim Tabakrauchen sich über die Tagesereignisse unterhielt und seiner Laune freien Lauf ließ. Doch duldete er nie unsittliche Reden, wenn es auch an sehr- derben Späßen nicht fehlte. Er pflegte hier auch über die wichtigsten Hof- und Staatsangelegenheiten sich vertraulich auszulassen, und so erhielt diese Gesellschaft eine Art von politischer Bedeutung. Alles in allem war Friedrich Wilhelm I. ein Herscher, der trotz Mancher großen Fehler seinen Beruf mit Treue und mit Ehren erfüllte; der preußische Staat verdankte ihm ein Leben voll Rauheit, aber auch voll Kraft und Ordnung. 178. I>ie Sonne öringt es an den Aag. Adelbert von Chnmisso. Werke. III. Bd. Leipzig. 1836. 8. 262. (Gedichte. 1. Aufl. Leipzig. 1831. S. 195 ) 1. Gemächlich in der Werkstatt saß zum Frühtrunk Meister Rikolas, die junge Hausfrau schenkt' ihm ein, es war im heitern Sonnenschein. — Die Sonne bringt es an den Tag. 2. Die Sonne blinkt von der Schale Rand, malt zitternde Kringel an die Wand, und wie den Schein er ins Auge faßt, so spricht er für sich, indem er erblaßt: Du bringst es doch nicht an den Tag. ') Die Politik, die Staatswissenschaft, Staatskunst.