290 uns getan, daß Ihr uns ein besseres Feld gewiesen habt, als das da unten?" — „Nein, Herr," sagte der Bauer; „aber jenes Feld gehört meinem armen Nachbarn, der tonnte es nicht entbehren, dieses hier ist mein Eigentum!" nari Stöber. 291. El blift niks hangen. 1. Auf einem Bauernhöfe im lippischen Norden lebte vor Jahren ein Unecht, der seinem Herrn durch mürrisches und trotziges Wesen manchen Arger und Verdruß bereitete. Eines Tages, als die Familie des Bauern mit den Leuten zu Tische saß, war dem Unecht das Essen nicht gut genug. Um den Knechten und Mägden an: Tische seine Unzufriedenheit zu zeigen, nahm er seinen hölzernen Löffel verkehrt in die Hand und fuhr mit dem Löffelstiele durchs Essen zum Munde, indem er die Worte vor sich hinmurmelte: „Et blift niks hangen, et geiht niks met!" Einige Leute am Tische lachten leise; den Bauer aber kränkte dies sehr, er sagte jedoch nichts. 2. Jahre vergingen. Eine Teuerung kam ins Land. Das Brotkorn war so hoch im Preise, daß viele kleine Leute nicht wußten, woher sie das Geld nehmen sollten, um Korn zu kaufen. In dieser Not befand sich auch unser Knecht, der aber längst nicht mehr auf dem Hofe war. Er war nicht imstande, seine Kinder mit Brot zu sättigen. In seiner großen Verlegenheit ging er zu seinem ehe¬ maligen Dienstherrn und bat ihn um einen Scheffel Roggen. Der Bauer führte ihn sogleich auf seinen Speicher, wo noch Vorrat reichlich vorhanden war. Als der Mann seinen Sack aufhielt, faßte der Bauer die Wurfschaufel, — aber verkehrt und fuhr mit dem Stiel durch den Kornhaufen zum Sacke, indem er sagte: „Et blift niks hangen, et geiht niks met!" Da erinnerte sich der Mann der Kränkung, die er einst dem Bauern angetan hatte. Er schämte sich jetzt und bat um Verzeihung. Nun maß der Bauer voll ein und entließ ihn freundlich. 292. Der alte Löwe. Ein alter Löwe, der immer sehr grausam gewesen war, lag kraftlos vor seiner Höhle und erwartete den Tod. Die Tiere, die sonst in Schrecken gerieten, wenn sie ihn sahen, bedauerten ihn nicht — denn wer betrübt sich wohl über den Tod dessen, vor dem man nie sicher und ruhig sein kann? — sie freuten sich vielmehr, daß sie seiner nun bald los sein würden. Einige von ihnen, die noch immer das Unrecht schmerzte, das er ihnen ehemals angetan hatte, wollten nun ihren Haß an ihm aus- lassen. Der arglistige Fuchs kränkte ihn mit beißenden Reden; der