354 AA Der beklemmende Eindruck verschwindet gleich darauf; aber nun erzeugt die verdünnte Luft hinter dem niederfahrenden Kasten und dann der erhöhte Luftdruck in der Tiefe einen heftigen Druck auf Ohren und Trommelfell. Nur Sekunden dauerte die Niederfahrt, und trotzdem hinterläßt sie beim z Neuling einen bleibenden Eindruck. Es ist die achte Sohle, die zweitunterste, auf der wir angelangt sind. Eine geräumige Höhlung schließt sich hier an die Schachtöffnung. Der einmündende Stollen ist breit, und auf mehreren Schienengeleisen stehen lange Reihen der kleinen Wagen, die hernach samt ihrer Kohlenladung 10 durch den Aufzug des Schachtes hinaufbefördert werden sollen. Wir schreiten weiter dem Stollen nach, der gleich darauf schmäler wird, aber immerhin noch Raum für ein doppeltes Schienengeleise bietet. Auf diesem kommen und gehen die Wagenzüge gefüllt oder geleert, je nach der Richtung, die sie nehmen. Hier auf diesem Wege begegnet uns auch eine der eigenartigsten Erscheinungen der Zeche — das Bergwerkspferd. Der Anblick dieser Tiere erregt unser Mitleid. Drückend wirkt auf die armen Tiere der Mangel des Tageslichtes. Eine unheimliche Ruhe zeichnet sie aus. Wir gehen an Dutzenden vorüber, die, den einzelnen Wagenzügen vorgespannt, der Zeit harren, wo die Bahn vor ihnen frei ist. Wie leblos stehen die Tiere da; in ihren gläsern ausschauenden Augen spiegelt sich der matte Schein unserer Grubenlampe, die wir in der Hand tragen. Wir haben bereits eine weite Strecke von mehr als einer Viertel— stunde im Querschlag zurückgelegt und wenden uns nun einem Seiten— stollen zu. Jetzt wird der Gang nicht nur eng, sondern auch niedrig. Während wir in dem Querschlag meist vollkommen aufrecht gehen konnten, heißt es nun den Kopf beugen, wenn man nicht unangenehme Stöße erleiden will. Die Wanderung im Seitenstollen bringt uns bald zu schräg auf— zo steigenden Güngen, den Überhauen, die der Lage der einzelnen Kohlenslöze nachgehen und eine Sohle mit der nächst höheren in Verbindung setzen. Mühsam sind wir in dem steilgeneigten Überhau aufwärts geklommen. Die kleine Drahtseilbahn, die Kohlen mit rasender Schnelligkeit hinauf- oder herabbefördert, ruht auf ein Zeichen des Steigers, und wir erreichen so ganz ungefährdet einen der seitlichen Eingänge zu einer Arbeitsstätte, die fich zwischen dem „Hangenden“ und „Liegenden“ über einen ziemlichen Raͤum ausbreitet. Auf dem feuchten, schwarzen und steinigen Boden klettern wir in gebückter Stellung weiter. Jetzt hocken wir neben den Arbeitern. Mit der Picke werden die Kohlen herausgehackt, die je nach 9 den Umständen ein Sprengschuß schon gelockert hat. Wir sitzen nun mitten in einem Flöze von etwa 15 m Mächtigkeit. Den Boden, auf dem wir ausruhen, bildet das sogenannte „Liegende“, d. h. die unter der Kohlenschicht lagernden Kohlenschiefermassen, die Decke besteht aus dem 20 35