G 439 „Mein Vieh, meinen Hof, meine Knechte und Mägde, alles geb' jich her. Nur nicht schlagen! Nur nicht schlagen! Ehrlos bin ich wie ein Knecht, wenn ich geschlagen werde. Mein Leben lang durf ich dann keine Waffen mehr tragen!‘ Die Bauern zogen ihre Schwerter und bereiteten sich zum Angriff, die rõmischen Soldaten sstreckten ihre Spiebe vor, alles schrie durcheinander, dazwischen hörte man des Varus heisere Stimme. Da trat Hermann zum Hãuptling. „Mãänner, seid vernünftigl Es ist ja umsonst. Sie sind viele, und ihr seid wenige. Spart die Rache für späterl Es kommt die Zeit!“ redete er leise zu ihnen. Der Bauer wurde ausgezogen bis zum Gurtel und mit Stricken an den Baum gebunden. Ein Soldat öffnete das Rutenbündel und entnahm ihm einen Stock. Und nun sausten die Hiebe nieder auf den entblõbten Rücken, schwer, langsam. Bei jedem Schlag zuckte der Bauer zusammen; aber er schrie nicht, er knirschte nur mit den Zähnen. Seine Frau und seine KkKinder sahen von weitem zu ind Veinten. Bei den ersten Streichen zeigten sich rote Striemen, dann platzte die geschwollene Haut, und das Blut lief über den Rũcken und färbte die Rute rot. Der Bauer stöhnte tief aus der Brusst. Hermann wandte sich ab. Endlich lieb man den Bauer frei. Einen Blick voll wilden Hasses warf er auf den Statthalter. Dann raffte er seine Waffen vom Boden und ging mit nieder- geschlagenen Augen heim. Der Zug ordnete sich, die Hornblãser bliesen zum Abmarsch. WVagen mit Heu und Stroh, eine kleine Rinderherde, alles, was die Soldaten im Dorfe genommen hatten, führten sie mit sich fort. Ene Frau lief durchs ganze Dort hinter ihrer Kuh her, weinte und dahm Abschied von ihr wie von einem lieben Kinde. Varus stieg zu Pferd, vom Sattel herab reichte er Hermann die Hand: „Vergib nicht, ich erwarte dich bei mir zu Tisch in den nächssten Tagenl“ Dann ritt er zum Dorfe hinaus. NMit finsteren Blicken schauten jhm die Bauern nach. AaAls Hermann um sich blickte, stand er allein, alle waren von ihm getreten. Da sprach er: „Wie, weil jch mich verstellen mub. haliet ihr mich für einen Freund des Varus? lch hasse ihn weit mehr als ihr. Darum bin ich zu euch gekommen. Wollt ihr, dab wir zusammenstehen und sie aus dem Lande treiben, den Varus seine Soldaten, seine Römer, das ganze römische Gesindel?“ „Komm!“ sagte Hermann zum Hãuptsling und trat mit ihm in die Stube. Ein paar Stunden dauerte die Unterredung, auch die Bauern wvurden hineingerufen. Am Abend schickte der Hãuptling reitende Boten in alle Dörfer des Gaues und lieb die Leute zu einer groben Volksversammlung zusammenrufen. Scheiblnuber, Deutsche Geschichte. 20 25