199 in grausigem Spiele zuckend und züngelnd hin und her fahren, vom zürnenden Donner begleitet: das ist gewiß furchtbar, aber auch schön in all seinen Schrecken. Wenn du aber einmal auf den Alpen gestanden hast, umgeben von der starren Majestät der Gletscher, oder am Ufer des Meeres, das in seiner schlichten Größe sich ausbreitet, erhaben wie der Gedanke an die Ewig¬ keit — dann hast du sicher mit ehrfürchtigem Schauer gefühlt, wie groß und herrlich der Herr ist in seinen Werken. Doch was braucht es da des Seltenen und Besondern? Auch das Alltägliche und Kleine in der Natur ist schön. Da stehe ich hier am Rande des Weizenfeldes, das mit einem schmalen Wiesenstreifen gesäumt ist. Wieviel Schönes auf dieser Handbreit Erde! Das zarte Gras mit den feinen Halmen und Rispen, die lachenden Blumen mit ihren lieben Kinder¬ augen! Hier das schlichte Marienblümchen, dort der Ehrenpreis im himmelblauen Kleid und daneben der goldene Stern des Löwenzahns. Dazu das Zirpen und Schnurren, das Hüpfen und Springen der Grillen und Käfer, das Gaukeln der leuchtenden Schmetterlinge und das lustige Summen des Bienleins, das in alle Blumenschüsseln hineinschaut! — Oder nimm nur einen einzigen Grashalm und schau ihn genau an: er ist ein Kunst¬ werk in seiner ganzen Ausführung, nicht schlecht und recht zusammengeschmiedet, sondern wie mit liebevoller Hand in unsäglicher Mühe herausgearbeitet. 0 nein, die klügste und geduldigste Künstlerhand brächte einen solchen Halm nicht fertig; das sagt dir schon das bloße Auge, und würdest du das Auge bewaffnen mit einem scharfen Glase, dann würdest du noch mehr Wunder im Kleinen entdecken. Dann erst das Leben in diesem Gottesbilderbuche! Alles keimt und wächst und blüht, duftet und singt, kriecht und fliegt und flattert und springt. Immer neu wird das Buch, selbst die Farben darin sind lebendig, kommen und gehen, wachsen und wechseln. Darum kann dies Buch niemals alt und langweilig werden. Als Kind habe ich darin geblättert mit junger Freude, und als Mann wundere ich mich noch immer über all das Schöne und Herrliche und meine, es sei alles wieder anders, ewig neu und jung. Da stehen nun die Menschen vor diesem wunderbaren Buche und sehen nichts, oder sie lesen darin und verstehen nichts. Denn auch verstanden will es sein, verstanden als natürliche Offenbarung Gottes. All die tausend und aber tausend Geschöpfe und Geschöpflein sind Boten des Herrn. Sie predigen