196 Mit dem einundzwanzigsten Jalire war die Knappenzeit abge¬ laufen, und nun durfte dem jungen Adeligen der Ritterschlag er¬ teilt werden. Oft wurden dazu große Feste benutzt, die der Kaiser oder der Landesfürst veranstaltete, um gleich einer größeren Anzahl von Knappen den Ritterschlag zu erteilen. Die mit dem Ritterschläge oder der Schwertleite, d. h. Anlegung des Schwertes und der ritterlichen Rüstung überhaupt, verbundenen Gebräuche sind sehr alt. Der Knappe mußte vorher fasten und beichten und dann im Angesichte der Festversammlung vor dem niederknien, der ihm die Ritterwürde erteilen sollte. Nachdem er die Ermahnung desselben angehört und durch einen Eid das Gelübde bekräftigt hatte, vor Gott und den Menschen tadellos zu leben, für den Glauben zu kämpfen, Witwen und Waisen zu schützen, ungerechte Kriege zu meiden und dem Kaiser zu gehorchen, empfing er mit dem Schwerte drei Schläge über die Schulter oder einen leichten Schlag an den Hals zum Zeichen, daß dies nun der letzte sei, den er sich müsse gefallen lassen. „Im Namen Gottes, des heiligen Michael und des heiligen Georg mache ich Dich zum Ritter!" so oder ähnlich lauteten die Worte, die den Knappen dem lang¬ ersehnten Ziele zuführten. Alsdann gürtete man ihm das Schwert um und tat ihm die goldenen Sporen und die einzelnen Stücke der Rüstung an; es wurde ihm ein Roß vorgeführt, und in dem Turniere, das sich an die Festlichkeit anschloß, konnte sich der junge Ritter sofort in seiner neuen Würde bewähren. Häufig war auch das Schlachtfeld die Stätte des Ritterschlages. Entweder vor Beginn des Kampfes oder nach gewonnenem Siege erteilte zur Anspornung oder Belohnung der Tapferkeit ohne weitere Vorbereitungen der Fürst oder Feldherr einer Schar Knappen den Ritterschlag. Nach Albert Lichter. 191. Der Sänger. 1. „Was Hör'ich draußen vor dem Tor, Was auf der Brücke schallen? Laß den Gesang vor unserm Ohr Im Saale widerhallen!" Der König sprach's, der Page ließ Der Knabe kam, der König rief: „Laßt mir herein den Alten!" 2. „Gegrüßet seid mir, edle Herrn, Gegrüßt Ihr, schöne Damen! Welch reicher Himmel! Stern bei Stern! Wer kennet ihre Namen? Im Saal voll Pracht und Herrlichkeit Schließt,Augen,euch;hieristnichtZeit, Sich staunend zu ergötzen." 3. Der Sänger drückt' die Augen ein Und schlug in Pollen Tönen; Die Ritter schauten mutig drein Und in den Schoß die Schönen. Der König, dem das Lied gefiel, Ließ, ihn zu ehren für sein Spiel, Eine goldne Kette reichen.