3560 — Deutschen Reiches die hohe Aufgabe erhalten hat, das gesamte sechste Armeekorps stets tüchtig und wohlgerüstet zu erhalten. In der Nähe aber harrt das Königliche Schloß jedes neuen Ehrentages, an dem unser edler Kaiser und König wieder in seiner getreuen Residenzstadt Breslau weilt; stolz weht dann auf dem Schlosse das Kaiserbanner wie in den Herzen der Schlesier die Liebe und Treue zu König und Vaterland. 3. Von acht Seiten her gelangen die Schlesier mit der Eisenbahn nach ihrem „Gruß⸗Brassel“ Beginnen die Vorlesungen auf der Umiversität, so reisen Jünglinge aus den verschiedensten Orten Schlesiens nach Breslau, um sich hier zu dem Berufe eines Geistlichen oder Rechtsgelehrten oder Arztes oder eines Lehrers an höheren Schulen vorzubereiten. Zur Zeit des großen Maschinenmarktes kommen viele unsrer Landsleute aus allen Teilen der Provinz auf dem großen Platze vor dem Königlichen Schlosse zusammen. Das ganze Jahr hindurch aber wird in Breslau ein reger Handel mit Getreide, Spiritus, Vieh und Wolle betrieben. Stündlich fahren lange Züge mit Waren der verschiedensten Art in die Bahnhöfe ein und füllen die Speicher der Stadt. In den Straßen reiht sich Laden an Laden. An den schönen Sachen, die in den prächtigen Schaufenstern liegen, kann man sich nicht satt sehen. 4. Wer kann es ausdenken, was alles in den Herzen der vielen tausend Menschen sich regt, die auf den Straßen aneinander vorübereilen? Die meisten gehen ihren Geschäften, andre ihrem Vergnügen nach. Doch ach, wie oft trifft man in der großen, reichen Stadt auch solche, denen die Angst und Sorge aus dem Gesicht schaut. In Kellern und Dachstuben mancher Häuser herrscht bittere Not. Barmherzige Menschen suchen hier überall zu helfen. Ja es sind eine Menge von Anstalten für Arme, Kranke und Verlassene gegründet worden. So besteht seit fast 400 Jahren in Breslau das städtische Krankenhospital zu Allerheiligen, das Hospital zu St. Bernhardin und das Hospital zum Heiligen Geiste, seit fast 200 Jahren das Kloster der Barmherzigen Brüder und das neu erbaute Krankenhaus der Elisabethinerinnen im südlichen und das Josephshospital der Grauen Schwestern im nördlichen Teile der Stadt. Alte, hilflose Männer finden liebevolle Aufnahme in dem St. Lazarus— hospitale, während alte und sieche Dienstboten in einem besondern Hospitale bis an ihr Ende verpflegt werden. Dienstmädchen, die von auswärts zuziehen, erhalten in dem Marien— stifte Wohnung und Kost, bis sie in einer Familie untergekommen sind. Der Pflege erkrankter Kinder dienen die Kinderhospitäler zum Heiligen Grabe und zur heiligen Anna sowie das Wilhelm-Augusta-Kinderhospital. Auch eine Taubstummen- und Blinden-Anstalt besitzt die Stadt. In der evangelischen Diakonissen⸗Anstalt Bethanien, die 1850 gestistet wurde, werden läglich bis 160 Kranke ohne Unterschied des Bekenntnisses