— 135 manchmal kurz, manchmal lang. Ist er bcuitit fertig, dann liest er die Potsdamer Fremdenliste durch und merkt sich die Leute, die ihn sprechen wollen. Es darf jeder zu ihm, der ein Anliegen hat. Dann kommen seine Offiziere und seine Räte. Die berichten ihm oder holen sich Befehle. 3. Mittlerweile ist es acht Uhr geworden. Da bringe ich ihm seinen Kaffee, den er sehr stark trinkt, jedesmal drei Tassen. Nachher nimmt er seine Flöte und geht im Zimmer auf und ab und spielt. Die Flöte ist doch eigentlich ein einfaches Ding; aber der König bläst sie wunderschön, trotzdem es ihm Mühe macht, da er viele Zähne verloren hat. Ist er mit den: Musizieren zu Ende, dann kommen seine Räte wieder. Mit diesen bespricht er alles, was zu tun ist. Um elf Uhr pudere ich ihn dann und helfe ihm seinen Soldnteurock anziehen. Dann nimmt er seinen Stock und reitet aus, entweder auf die Parade oder eine Stunde spazieren. 4. Um zwölf Uhr wird zu Mittag gegessen. Der König ißt gern, viel und gut. Seine Speisen sind immer arg fett und stark gewürzt; eigentlich kann er sie nicht mehr gut vertragen. Aber er folgt seinen Ärzten nicht, die ihm davon abraten. Ich fürchte, es wird noch einmal sein Tod sein. Dann kommt der Nachtisch. Dabei werden aus den Treib¬ häusern die schönsten Obstsorten dargereicht. Er sitzt lange zu Tisch und unterhält sich gern mit seinen Generalen und mit Gelehrten. 5. Nach dem Mittagsmahl nimmt der König wieder seine Flöte zur Hand. Dann trinkt er seinen Kaffee. Nachher hört er die Bittsteller an, unterschreibt die ausgefertigten Briefe und Befehle, die ihm die Räte bringen, und liest. Ist das geschehen, so geht er spazieren. Sein Wind¬ hund begleitet ihn. Es ist jetzt der vierte, den er hat; die drei andern liegen in: Schloßgarten begraben. Den ersten hatten ihm einmal im Kriege die Österreicher gefnngengenonnnen. Sie schickten ihn aber un¬ versehrt zurück, worüber der König Tränen geweint haben soll. Gern beschaut der König den Fortgang seiner Bauten. Ihr solltet aber auch einmal unser Schloß sehen mit seinen Terrassen- gürten, Blumen- und Obsthäusern, Laubgängcu, Springbrunnen und Bild¬ säulen. Sanssouci, d. h. Sorgenfrei, hat er es genannt, und in seinem Garten will er auch begraben sein. „Wenn ich in: Grabe bin, werde ich sorgenfrei sein", sagt er immer. Außer Sanssouci hat er einen neuen, schönen Palast bei Potsdam erbaut, wo er im Winter wohnt. 6. Von fünf bis sechs Uhr schreibt der König an seinen Werken oder läßt sich von den gelehrten Leuten vorlesen. Dann hält er zumeist mit den Kammermusikern Konzert, wobei er natürlich die Flöte bläst. Um sieben Uhr ist Abendtafel, die bis zehn Uhr dauert. Da komiuen daun