135 antwortete ihm ein Weiser, „dorten am Gotteshause fehlt es an Wasser; darum bringt ihn her, den schäumenden Most, daß bald der Mörtel fließe und der Turm sich erhebe zur Ehre Gottes, der uns den Wein gibt!“ Und so geschah es. Statt mit Wasser bereiteten die Thanner den Mörtel mit Wein, und als mit dem kochenden Kalke die feurige Flut sich mischte, ward Thann und seine Umgebung mit gar lieblichen Wohlgerüchen erfüllt. Noch heute steht jener Turm fest und ungebrochen; denn sein köstlicher Mörtel läßt keinen Stein vom andern weichen. Wenn aber die Traube in der Blüte steht, duftet der Turm gar lieblich und die metallenen Zungen seiner Glocken klingen so hell zu den Rebbergen hinüber, als wollten sie den Schöpfer für den empfangenen Segen loben. C. Trog. (Rheinlands Wunderhorn.) 8. Eine Wanderung auf den Großen Belchen. 1. Der Weg bis Murbach. Der höchste Berg der Vogesen, der Große Belchen, erhebt sich aus einem Seitenkamme des Gebirges. Vom Thur- und Lauchtal aus führen schöne Pfade in drei bis vier Stunden hinauf zu seinem Gipfel, und vom Lauchenweier aus zieht sogar eine neue Fahrstraße den Berg hinan. Wir wollen den Fürsten des Wasgenwaldes von Gebweiler aus besteigen. Eine Stunde entfernt von der Fabrikstadt liegt in einem lieb— lichen Seitentälchen das kleine Dorf Murbach mit den stattlichen Ruͤinen einer Klosterkirche. Dorthin lenken wir zunächst unsere Schritte. Im 8. Jahrhundert hatte hier der heilige Pirminius ein Kloster gegründet. Durch reiche Schenkungen blühte die Abtei rasch empor. Doch auch schwere Tage sollten nicht ausbleiben. Im Jahre 923 brachen die Ungarn in das friedliche Tal ein. Sie heraubten und schändeten die fromme Stätte und äscherten sie schließlich ein. Nach der Sage war ein Teil der Mönche hinauf zum Großen Belchen geflohen. Die Ungarn hätten ihnen jedoch nach— gesetzt und sieben der Klosterbrüder hoch oben, nahe bei der Spitze des Belchens, ermordet. Daher heiße noch heute der Ort das Mordfeld. — Nach dem Wegzug der Ungarn wurde alles wieder aufgebaut, und das Gotteshaus erstand prächtiger, als es zuvor war. Auch der Besitz der Abtei vergrößerte sich noch fortwährend. In ihrer Blütezeit besaß sie drei Städte und dreißig Dörfer. Während der französischen