201 fräulichem Weiß die Schönheit ihres klugen Kindes, dann aber ver— fertigte sie ein prächtiges Kleid für ihren Gatten, welches blau — die Farbe des himmels — und gelb — die Farbe der Erde — gefärbt war, zur Erinnerung an den holden Frühlingstag, an dem der Kaiser im Lichte eines strahlenden himmels auf der Erde das gefunden hatte, womit er sein Volk beglücken wollte. Noch ehe der Tod der ruhmreichen Regierung des Kaisers Ho— ang⸗Ti ein Ende machte, regten sich tausend fleißige Hände in seinem welten Reiche in Ausübung der neugeschaffenen Industrie. Als der Oberzeremonienmeister und der Kriegsminister sich eine Audienz er— baten, um im Namen des ganzen Volkes dem Kaiser für die Gabe zu danken, mit welcher er dasselbe beglückt hatte, da wies der be— scheidene Monarch jedes Verdienst von sich und meinte nur, er hätte eine neue Beschäftigung für „das geeignetste Mittel gehalten, die Sitt⸗ lichkeit des Volkes zu erhöhen und die Armut zu bekämpfen“. Jahrtausende sind seitdem verrauscht. Wir wissen nicht mehr, ob dem klugen Kaiser ein erzenes Bild errichtet worden ist und wo es gestanden hat. Aber wenn heute die Nacht hereinbricht über das Himmlische Reich der Mitte, wenn Stern auf Stern emporflammt am dunklen himmelsgewölbe, dann kommen die Kinder vor die Türen der häuser und schauen mit den scharfen Schlitzäugelein hinauf zu den Slernen und deuken an den guten Kaiser hoang-Ti, der schon vor fünfthalbtausend Jahren die Kunst verstand, die Natur bei ihrer Arbeit zu belauschen und das Erlauschte sich und seinen Mitmenschen zum Segen zu verwerten. Otto N. Witt, Narthekion, Nachdenkliche Betrachtungen eines Naturforschers. Verl. v. Rud. Mückenberger, Berlin. 146. Wegnwarte. 1. Mit nackten Füßchen am Wegesrand, Die Augen still ins Weite gewandt, Saht ihr bei Ginster und Heide Das Mädchen im blauen Kleide? 2. „Das Glück kommt nicht in mein armes Haus, Drum stell' ich mich hier an den Weg heraus; Und kommt es zu Pferde, zu Fuße, Ich tret' ihm entgegen mit Gruße.“ 3. Es ziehen der Wanderer mancherlei Bu Pferd, zu Fuß, zu Wagen vorbei. — „Habt ihr das Glück nicht gesehen?“ Die lässen sie lachend stehen.