298 3 wird, trafen wir an. Bald schritten wir durch würzige, blumenreiche Matten, auf denen friedliche Herden weideten, bald über trockenen Waldboden, der mit Fichtennadeln bedeckt war. Hier und da zeigte der Wald lichte, wüste Strecken. Im letzten Winter hatten dort Schneestürze arge Verwüstungen angerichtet. Die Stille der einsamen, steilen Waldwege wurde ost unterbrochen. Eine Schar munterer Studenten zog singend bergab; sie hatten auf der Koppe übernachtet, um den Sonnenaufgang zu bewundern. Bald danach überholten wir eine Gesellschaft von Damen und Herren, die demselben Ziele zustrebten wie wir. Ihre Hüte hatten sie mit „Teufelsbart“, den langen, grau— bebarteten Früchten der Alpenanemone, und mit großzackigem Moose geschmückt. Endlich erblickten wir die Ränder der Teiche, der eigentümlichen Bergseen Schlesiens. Der Große oder Schwarze Teich liegt in einer länglichrunden Vertiefung verborgen. Steile, bis nahezu 200 Meter hohe Felsenwände umschließen beide Teiche. Rieselnde Zuflüsse speisen den See. Sein Wasser steht 23 Meter hoch über dem granitenen Grunde. Ein steiler, beschwerlicher Weg führt von hier zur Hampel— baude, wo weite Ausblicke zurück ins Land sich öffneten. Von unten gesehen, war sie uns wie ein Sternchen erschienen, wenn die Strahlen der Sonne in ihren kleinen Fenstern blitzten. Jetzt sahen wir, daß sie eine lebhafte Wirtschaft war, die neben allerlei Gästen auch Hirten und Herden barg. Nach kurzer Rast eilten wir dem Kleinen Teiche zu, der in einem von steilen Felsen umgebenen Kessel liegt. In seine Tiefe nimmt er außer vielen kleinen Wasseradern zwei stärkere Zuflüsse auf, die wie Wasserfälle herabstürzen. Alles war hier totenstill, kein lebendes Wesen ließ sich hören. Große Felsblöcke, die Sturm und Regen von der Bergwand gelöst hatten, lagen in Mengen am Ufer umher. Schon längst waren wir so hoch gestiegen, daß weder Baum noch Strauch den Weg mehr beschattete. Jetzt hatten wir den Rücken des Gebirges erreicht. Vor uns erblickten wir eine weite Hochfläche. Es war der Koppenplan, über den wie ein gewaltiger Haufen auf— getürmter Bruchsteine der Koppenkegel noch 160 Meter höher aufsteigt. Auf und an dem Gebirgsrücken hin standen die Grenzsteine, die zwei große Reiche voneinander scheiden. Über den düstern Melzergrund hin lagen Schlesiens lachende Gefilde, und nach Böhmen zu ruhte ein liebliches Tal im milden Glanze der abendlichen Sonne. Nachdem wir manchen Schweißtropfen vergossen hatten, standen wir endlich siegreich auf der Fläche der Koppe. Lauter Trommelschlag begrüßte unsre Ankunft. Im Koppenhause brannten schon die Lampen, und viele Reisende taten sich hier gütlich. Auch uns mundete unser