105— dabei und ging mehr und mehr zurück. Er kam in bedrängte Lage und verlor fast sein ganzes Hab und Gut. Da wandte er sich an seinen Landes— herrn, den Kurfürsten von Brandenburg. Der sollte ihm zu seinem Rechte verhelfen. Aber auch hier hatte er keinen Erfolg. Es fand zwar eine neue Gerichtsverhandlung statt, aber man konnte sich nicht einigen. 5. Da suchte Kohlhase selbst sein Recht. Aus dem friedlichen, gut— mütige. Handelsmann wurde ein Aufrührer. Er sammelte eine Anzahl kühner Cesellen um sich und wurde bald der Schrecken des Landes. Dörfer wurden in Brand gesteckt, Reisende überfallen und beraubt. Eines Tages hörte Kohlhase davon, daß für den Kurfürsten ein großer Wagen mit Silber unterwegs sei. Diesen Wagen überfiel er und raubte das Silber. Unter der Brücke, die über die Bäke führte, soll er die Silberkuchen verborgen haben. Vergebens hatte Dr. Martin Luther Kohlhase zur Umkehr er— mahnt. Seine Horden hatten sich längst von dem Gehorsam gegen den Hauptmann befreit und brandschatzten unter Kohlhases Namen weiter. 6. Das wurde dem Kurfürsten nun doch zuviel. Kohlhase wurde gesucht und verfolgt. Er wußte sich zwar noch eine Zeitlang seinen Ver— folgern zu entziehen, endlich wurde er aber in Kölln gefunden. Er hatte sich auf dem Boden eines Hauses in einer Kiste versteckt. Er wurde ge— fangen genommen und erlitt mit seinen Genossen einen fürchterlichen Tod: er wurde gerädert. Walter Nohl. (riginalartikel.) 86. König Priedrich und sein Nachbar. I. Der König Friedrich II. von Preuben hatte nahe bei Potsdam ein schönes Lustschlob und war gern darin, venn nur nicht ganz nahe dabei eine unruhige Mühle gewesen wäre. Denn erstlich stehen ein königliches Sehlobh und eine Mühle nicht gut nebeneinander, obgleich das Meibbrot auch in dem Schlosse nicht übel scebhmeckt, wenn's die Mühle fein gemahlen und der Ofen gut gebacken hat. Auberdem aber, wenn der König in seinen besten Gedanken war und nicht an den Nach- bar dachte, auf einmal lieb der Müller die Flügel der Windmühble los und dachte auch nicht an den Herrn Nachbar, und die Gedanken des Kõnigs störten zwar das Räderwerk der Mühble nicht, aber manchmal das Klapperwerk der Räder die Gedanken des Königs. Der geneigte Leser sagt: Ein König hat Geld wie Laub, warum kauft er dem Nach- barn die Mühble nicht ab und läßt sie niederreiben? 2. Der König wubte, warum; denn eines Tages lieb er den Müller zu sich rufen. „Ihr begreift,“ sagte er zu ihm, „daß wir zwei nicht 2