33. Die Jugendjahre Kaiser Wilhelms J. 125 Jugend auf den Kriegsdienst lernen. Seine Laufbahn als Soldat be— gann der Prinz schon im Jahre 1807. Als am Neujahrsmorgen die ganze königliche Familie, die damals in Königsberg war, dem ge— lieblen Valer ihre Glückwünsche darbrachte, sagte er zu seinem Sohne Wilhelm: „Da an Deinem Geburtstage vielleicht keine Gelegenheit sein wird, Dich ordentlich einzukleiden, weil Ihr nach Memel müßt, so erneune ich Dich schon heute zum Offizier und habe Dir auch eine Uniform anfertigen lassen.“ 2. Bis über sein 16. Jahr hinaus hatte der Prinz einen schwäch— lichen Körper. Daher ließ ihn fein Vater beim Beginn des Befreiungs— krieges nicht sogleich mit in den Kampf ziehen. Es konnte seine Mutter im Jahre 1808 an ihren Vater über ihn also schreiben;: „Unser Sohn Wilhelm wird, wenn mich nicht alles trügt, wie sein Vater, einfach, bieder und verständig; auch in seinem AÄußern hat er die meiste Ähn— lichkeit mit ihm.“ Nach der Schlacht bei Leipzig gestattete der König dem Prinzen die Teilnahme am Befreiungskampfe. Im Februar 1814 lieferten die verbündeten Truppen in Frankreich dem Feinde eine Schlacht bei Bar sur Aube,“) in welcher sich der Prinz auszeichnete. Die Preußen und Russen hatten sich auf den Weinhügeln festgesetzt, wurden aber von den an Zahl überlegenen Franzosen zurückgedrängt. Der König setzte sich mit dem Kronprinzen und dem Prinzen Wilhelm an die Spitze eines Kürassier-Regiments und versuchte, den Platz wieder zu gewinnen. Sie befanden sich einige Zeit in so heftigem Gewehr— feuer, daß ein Oberst sich vor den König warf und ihn beschwor, sich nicht länger der drohendsten Gefahr auszusetzen. Als der König die gelichteten Reihen eines russischen Infanterie-Regiments sah, sagte er zu seinem Sohne Wilhelm: „Reite einmal zurück und erkundige Dich, was das für ein Regiment ist, und von welchem Regimente die vielen Verwundeten sind, die sich jeden Augenblick mehren!“ Rasch gab der Prinz dem Pferde die Sporen und sprengte zu den fechtenden Bataillo⸗ nen zurück. Ohne Angst erkundigte er sich nach dem Namen des Re— giments, überzählte die Verwundeten und überbrachte seinem königlichen Vater die Nachricht von dem, was er gesehen und gehört hatte. Der König sagte kein Wort, aber die Umgebung desselben sah mit Stolz auf den mutigen Prinzen. Dieser schien gar nicht zu wissen, in welcher Gefahr er sich befunden hatte. 3. Am 8. Juni 1815 fand in der Kapelle des Schlosses zu Charlottenburg*) in Gegenwart der ganzen königlichen Familie die feierliche Einsegnung des Prinzen Wilhelm statt. In dem Glaubens— bekenntnisse, das derselbe selbst verfaßt hatte, sagte er unter anderem: „Ich will mich meines hohen Standes wegen nicht für besser halten als andere Menschen. Meines Gottes will ich überall gedenken, an ihn will ich in allen Dingen mich wenden und im Gebete mit ihm meine *) Svrich: Bar ßuͤr Ohb. *) Sprich: Scharlottenburg.