125 Seinem Vater ist's nicht viel besser ergangen. Der ist Waldhüter gewesen; aber von dem schönen Walde war nur das Bitterste sein eigen — das Pech Harz). Doch ließ sich's dabei leben. Die Pecher, wohlgemerkt die ledigen, pfeifen beim Baum— schaben heitere Liedchen, und die Terpentiner haben mitunter so schlecht nicht gezahlt. Des Pecher⸗Lenzens ganzes Glauben, Lieben und Hoffen geht auf Weib und Kind. Er selber ist so viel als ein Bettelnann. Wenn er im Walde ein grünes Reis auf seinen Hut steckt — es ist fremdes Gut. Die Hütte, in der er wohnt, steht auf dem Boden des Herrn Gallheim und ist gebaut aus dem Holze des Herrn Gallheim. Nur Weib und Kind sind sein eigen. Gallheim ist ein flinker Jäger und fröhlicher Lebemann, beleidigte aber einst den Lenz; der hat dem Gutsherrn darauf etwas Grobes gesagt. Grobsein aber ist nichts für einen armen Teufel. In— dessen der Lenz hat getan, wie er getan hat, und so ist ihm eines Tages ein großer Brief ins Haus gekommen. Der Lenz kann nicht lesen; aber sein Weib hat die un— selige Kunst gelernt. Er knittert mit Mühe das feine Zeug auseinander. Das Blatt bleibt kleben an seinen harzigen Fingern. „Martha, geh, schau, was darauf steht!“ ruft er seiner Frau zu. Darauf stand solches: An Lorenz Hackbretter im Kesselwald. Demselben diene zur Kenntnis, daß von nun ab forstwirtschaftlicher Rücksichten wegen das Pechschaben nicht mehr gestattet ist. Dawiderhandelnde verfallen der Strenge des Gesetzes. Der Oberförster, im Auftrage des Herrn von Gallheim. So las das junge Weib. „Nun?“ sagte der Lenz, „und sonst nichts mehr? Der paar Worte wegen das sündhaft viele Papier?“ Er steckte die Hände in die Hosen⸗ taschen, ging in den Wald und brummte. „Nicht mehr gestattet! Forstwirtschaftlicher Rücksichten wegen, oder wie das Zeug heißt! Nun ja, die Sache muß einen Namen haben! Allzeit hab' ich gern achtgegeben auf den Stamm. Dieser schöne Wald, wie er heute dasteht, unter der Pechschabe ist er aufgewachsen. Und jetzt auf einmal ist's ein Verderben. Was heb' ich jetzt an?“ Gelernt hat er nichts. Wurzeln-⸗ und Kräutergraben ist noch das einzige Aber wenn er des Abends heimkehrt von seinen gefährlichen Gängen und Klettereien in den Felswänden, ist er trotzig und launisch, und unwirsch stößt er sein Kind, das herzige Magdale, von sich, wenn es wie sonst zu ihm herankommt und mit süßer Kindlichkeit fragt, was das Reh mache draußen im Walde. Das Reh draußen im Walde? Das bringt den Lenz auf neue Gedanken. Und eines Tages nimmt er den alten Kugelstutzen aus dem modernden Schranke hervor, schleicht damit hinaus, stellt sich an, und siehe, harmlos kommt ein prachtvoller Hirsch mit hohem Geweih herangeschritten. Der Mann fährt mit dem Gewehr zur Wange — da sieht er in den Schaft eingegraben das Herz, aus dem ein Kreuz wächft. Das ist das liebe, traute alte Zeichen, welches sein Vater so gern in Stab und Stil seiner Werkzeuge eingegraben hatte. Ein Kreuz — der Vater ist auch blutarm gewesen; ein Herz — er ist ehrlich geblieben. Das Gewehr entsinkt des Mannes Hand, und der Hirsch läuft flink über die Matte hin. Ein Herz und ein Kreuz! Er hat Weib und Kind und wird sie mit Kräuter- und Wurzelngraben in Gottes Namen ernähren. Was geschah? Die Hirten taten sich zusammen und verklagten den Wurzel⸗ stecher, daß ·er den Grasboden verwüste. So wurde ihm auch dieses untersagt, und er ging verloren in den Wäldern umher und wußte nicht, was beginnen. Ihr fragt, ob ihm nicht doch der liebe Gott begegnet sei mit einem guten Ge⸗